Die Geologie Griechenlands unter besonderer Berücksichtigung der Ägäischen Inseln

Andrea Rumpler

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1 Einführung

Das im östlichen Mittelmeer gelegene Griechenland ist von hohen Gebirgen und dem Meer geprägt.
Etwa 20% des griechischen Territoriums wird von Inseln gebildet und auch auf dem Festland ist das Meer niemals weiter als 140 Kilometer entfernt. Dieser Distanz verringert sich nach Süden zu. Auf dem Peloponnes sind es nur 45 Kilometer .
Auch die Inseln liegen recht dicht beieinander. Kaum eine von ihnen ist weiter als 40 Kilometer von ihrem nächsten Nachbarn entfernt (JAKOBSHAGEN 1986, Seite 1).


Abbildung 1


Griechenland wird, wie man auf Abbildung 1 sehen kann, vorwiegend aus Neo-europäischen Gebirgszügen aufgebaut. Dieser sind das alpidische Helleniden-Gebirge und Teile des älteren Rhodopen-Massivs. Die Helleniden werden durch viele hohe Gebirgsketten aufgebaut. Das sind vor allem das Pindos-Gebirge auf dem westlichen Festland, in Thessalien der Gebirgszug Olymp-Ossa-Pilion, in Mittelgriechenland das Parnaß-Gebirge und auf dem Peloponnes die Gebirge Olonos, Taygetos und Parnon, deren Verlauf untermeerisch in den ägäischen Inselbogen übergeht und dort mit 2917 Metern schon fast an die dreitausend Meter Grenze stößt, jedoch gibt es noch mindestens 20 andere Berge die höher als 2000 Meter aufragen.

2 Entstehung und Bau der griechischen Gebirge

Die Helleniden entstandenen während vier orogenischen Zyklen in denen Faltung, Deckenbewegung und Regionalmetamorphose stattfanden.
Das waren im

Miozän

der neohellenische Zyklus, im

Eozän

der mesohellenische Zyklus, in der

Unterkreide

der eohellenische Zyklus, und im

Dogger

der kimmerische Zyklus.

(JAKOBSHAGEN 1986, Seite 7)

Während der ersten beiden Zyklen hoben sich erste Erdformationen aus dem Meer, das bis dahin das heutige griechische Festland bedeckte. Die beiden folgenden Zyklen führten zur Auffaltung der Gebirge, die heute das Bild des Landes so stark prägen. Allerdings fanden zu diesen Zeiten und auch vorher Absenkungsbewegungen einzelner Gebiete und größerer Regionen statt.
Die Gesteine, die vor und während dieser Zeiten abgelagert wurden, bestehen vorwiegend aus karbonatischen Sedimenten aus unterschiedlichen Meerestiefen. So findet man beispielsweise in der auf Abbildung 2 gut sichtbaren Ionischen Zone Gesteine, die eine kontinuierliche Eintiefung des Sedimentationsraumes anzeigen.
Aus der tiefen Trias und möglicherweise auch aus dem Perm findet man dort evaporitisch abgelagerten feinkristallinen Gips. Neritische Karbonat-Serien stammen aus dem Zeitraum von Obertrias bis Mittellias und pelagische Sedimenten wurden in dem Zeitraum von Oberlias bis Eozän gebildet. (JAKOBSHAGEN 1986, Seite 20 folgende)

Abbildung 2


Auf die geologischen Einheiten, aus denen sich das Festland und ein großer Teil der griechischen Inseln zusammensetzt, wird aus vorwiegend praktischen Gründen nicht weiter eingegangen. Sie werden gegebenenfalls bei der nun folgenden Besprechung der ägäischen Inseln erklärt.

3 Die ägäischen Inseln

Zu den ägäischen Inseln gehören unter anderen die nördlichen und südlichen Sporadien, Euböa, die Kykladen und auch der südägäische Inselbogen.
Die meisten dieser Inseln stellen Fortsetzungen von auf dem Festland auftretenden geologischen Einheiten dar. Dies ist leicht zu verstehen, wenn man sich vor Augen hält, daß die Ägäis noch im Eozän zu großen Teilen dem Festland angehörte, und erst später wieder vom Meer bedeckt wurde.
Es war nun nicht nur so, daß das Land Hebungs- und Senkungsphasen durchlief, sondern auch der Meeresspiegel schwankte. So trocknete das Mittelmeer zur Zeit des Miozän beinahe vollständig aus, als die Straße von Gibraltar vorübergehend geschlossen war (HSÜ 1983, Seite 171).
Zusätzlich befindet sich am südlichen Rand der Ägäis eine Subduktionszone, was diesem tektonisch aktiven Bereich eine weitere Komponente hinzugefügt. Der Vulkanismus ist jedoch mit einer Ausnahme, der Inselgruppe um Santorin, in geschichtlicher Zeit nicht mehr aktiv aufgetreten. Die Insel Thera, die als südlichste Insel der Kykladen-Gruppe nur 75 Kilometer nördlich von Kreta liegt, bestand einst aus einem großen Vulkanberg, der in der Vergangenheit Kallisté (die sehr schöne Insel) und Strongulé (die runde Insel) genannt worden war. Etwa in der Zeit um 1500 v. Chr. wurde Thera (oder auch Santorin) jedoch durch eine große Explosion nahezu vollständig zerstört. Die Asche des Thera-Ausbruchs breitete sich über einen großen Teil des süd-östlichen Mittelmeeres aus und kann heute in Sedimentkernen das Meeresbodens wiedergefunden werden. Einige Wissenschaftler glauben in den Ausbruch und dem folgenden Ascheregen einen Grund für den plötzlichen Niedergang der kretischen Kultur gefunden zu haben.
Übrig blieb von der schönen Insel nur ein von Lücken unterbrochener Ringwall, der von durch die Explosion entstandenem Bimssteintuff überschüttet ist. Innerhalb der entstandenen Caldera entstehen seit dieser Zeit langsam ein neuer Zentralvulkan, der als die Kaiménaes-Inseln bekannt ist. Es ist der einzige derzeit tätige Vulkan der Ägäis (PHILIPSON 1959, S. 391 / STEMMAN 1976, S. 138 folgende).

4 Die südägäische Inselbrücke

Die für die Exkursion interessanteste Insel, Kreta, ist Teil der südägäischen Inselbrücke, zu der außerdem noch die Inseln Kythira, Antikythira, Kasos, Karpathos und Rhodos gehören.

4.1 Allgemeines

Die Inselbrücke ist etwa 650 Kilometer lang und verbindet durch ihre nach Süden konvexe Form die peloponnesischen Gebirgszüge mit dem türkischen Taurus. Der Schelfbereich ist von Insel zu Insel unterschiedlich breit. Im Süden liegt der bis zu 5100 Meter tiefe hellenische Trog, der durch zwei Rinnen gegliedert ist. Die Gebirgsmassive der Inseln sind unregelmäßig geformt und die Bergketten meist küstenparallel ausgerichtet. Zwischen den älteren Gebirgen sind junge Gräbern eingesenkt, die mit Neogen und Quartär gefüllt sind. Auf den Inseln sind autochtone (am Ort des Vorkommens entstandene Gesteine) und allochtone (nicht am Ort des Vorkommens entstandene Gesteine) Einheiten erschossen, die einen Stockwerksbau ergeben, der durch intensive postorogene Bruchtektonik in ein verwirrendes Mosaik zerlegt wurde.

4.2 Die Stockwerke

Die heute ineinander befindlichen Stockwerke entsprechen ursprünglich nebeneinander gelegenen Faziesräumen, die durch die alpidische Orogenese übereinander gestapelt wurden.

4.2.1 Autochton

Das Autochton besteht auf den Inseln zum größten Teil aus hornsteinführenden Kalken und Marmoren, die zum Teil mit der ionischen Zone des Festlandes korreliert werden können. Es ist durch einen geschlossenen Faltenbau charakterisiert, der in den nicht gebundenen höheren tektonischen Einheiten des Allochtons nicht mehr auftritt.

4.2.2 Erstes allochtones Stockwerk

In der südägäischen Inselbrücke umfaßt das erste allochtone Stockwerk stark zerscherte Serien unterschiedlicher stratigraphischer Stellung und metamorpher Überprägung. Dies sind zum Teil Phyllit-Quarzit-Serien aus der Zeit von Oberkarbon bis in die Obertrias, zum Teil aber auch alttertiäre Flysche. Dieses Stockwerk ist durch eine zumeist sanfte Morphologie gekennzeichnet.

4.2.3 Zweites allochtones Stockwerk

Hier finden sich steil aufragende massige Kalke und Dolomite aus mesozoisch-alttertiären Zeiten, die man auf Kythira, Antikythira und Kreta auch als Tripolitza-Serie bezeichnet. Die Gesteine bilden oft isolierte Klötze oder stark verkarstete Hochflächen. Örtlich können diese Gesteine auch direkt auf dem Autochton aufliegen. Sie werden konkordant, also im korrekten zeitlichen Nacheinander, von einer alttertiären sandig-mergeligen Flyschfolge überlagert. Die Tripolitza-Serie ist auf dem Festland als östlicher Nachbar der Ionischen Zone zu finden.

4.2.4 Drittes allochtones Stockwerk

Dieses Stockwerk besteht aus pelagischen Abfolgen aus der Obertrias bis zum Alttertiär. Sie bilden zumeist keine geschlossenen Vorkommen, sondern isolierte, oft an Staffelbrüche gebundene Schollen.

4.2.5 Viertes allochtones Stockwerk

Diese oberste Einheit des südägäischen Deckenstapels ist nur noch auf Kreta, Gavdos, Karpathos und Rhodos erhalten geblieben. Dort auch nur in Bereichen starker Absenkung an Staffelbrüchen oder Gräben. Charakteristisch sind für diese Einheit Ophiolithe, die mit Sedimenten, Vulkaniten und Metamorphiten vergesellschaftet sind (JAKOBSHAGEN 1986, Seite 54 folgende).

5 Kreta

Kreta hat eine Fläche von 8300 Quadratkilometern und ist damit eine der größten Inseln des Mittelmeeres. Sie erreicht eine Länge von 250 Kilometern und ihre Breite schwankt zwischen 56 und 13 Kilometern. Die Insel besitzt eine Anzahl von Bergregionen geringerer Höhe und vier voneinander getrennte Gebirgsmassive. Diese sind die Levka Ori (2452 m) im Westen, daß Ida-Gebirge (Psiloritis) (2456 m) in der Mitte der Insel, im östlichen Mittelkreta das Lassithi-Gebirge (Dikti) (bis 2150 m) und im Osten die bis zu 1476 m hohen Berge Sitias.
Bis auf die fast 50 Kilometer lange aber recht schmale Tiefebene der Messara fehlen größere Ebenen. Auffällig sind intramontane abflußlose Wannen (Lassithi-Hochebene).
An der durch Buchten und Halbinseln gegliederten Nordküste Kretas wechseln Gebirgszüge und kleine Küstenebenen. Hier liegen auch fast alle kretischen Städte. Die Südküste fällt zumeist steil ab und ist auch viel dünner besiedelt.

5.1 Der Stockwerksbau

Auf Kreta sind alle Stockwerke der südägäischen Inselbrücke erschossen (siehe auch Abbildung 3).

Abbildung 3


Die autochtonen Plattenkalke, also das tiefste Stockwerk, sind auf Kreta vornehmlich in den letzten Erhebungen der Insel aufgeschlossen. So wurden Anteile aus dem Oberkarbon/Unterperm im Talea Ori westlich von Iraklion beschrieben. Es dominieren gewöhnlich plattige Marmore mit Hornsteinlagen, die vermutlich aus dem Jura bis Alttertiär stammen, die im Osten Kretas in einen vermutlich aus dem Unteroligozän stammenden Flysch überleiten.
Charakteristisch für die folgende Phyllit-Quarzit-Serie Ostkretas, das erste allochtone Stockwerk, sind variszische Grundgebirgsspäne, die in die eigentlich jungpaläozoisch-triadische Abfolge durch Abscherung während der Orogenese eingeschlichtet sind.
Die massigen Kalke und Dolomite des zweiten allochtonen Stockwerks, der Tripolitza-Serie aus dem Obertrias bis bis Alttertiär, Grenzen an die Phyllit-Quarzit-Serie oder überlagern direkt das autochtone Gestein. So zum Beispiel im Psiloritis-Massiv.
In der Obertrias beginnt die Ablagerung von Karbonat-Gesteinen der Tripolitza-Serie. Sie zeigen steile Aufbrüche und ausgeprägte Karstformen. Im Mittel- bis Ober-Eozän werden sie von einem mergeligen Flysch abgelöst. Diese ist häufig nur in Gräbern oder staffelförmigen Abbrüchen erhalten geblieben.
Das dritte allochtone Stockwerk ist durch die Gesteine der Pindos-Serie (Obertrias bis Alttertiär) in kleinen Deckenresten oder Schollen vertreten. Es ist charakterisiert durch eine Wechsellagerung von plattigen, Hornstein führenden Kalken mit Mergeln und Tonsteinen aus dem Obertrias, und hellen, plattigen Kalken mit nur wenigen Hornsteinen aus dem Alttertiär.
Die Ophiolith-Vorkommen des obersten Stockwerks befinden sich fast alle in Mittelkreta. Sie sind an Grabenstrukturen gebunden (JAKOBSHAGEN 1986, S. 73).

5.2 Kretas jüngere Erdgeschichte

Bis ins Mittel-Miozän war Kreta Teil des südägäischen Festlandes, das sich nördlich der heutigen Insel erstreckte (siehe auch Abbildung 4).

Abbildung 4


Die kontinentalen Sedimenten, die während der letzten Pliozän-Transgression in Beckenlagen entstanden, sind sehr unterschiedlichen Alters. Sie beginnen, nach einer Verzahnung mit marinen Sedimenten und Säugerfaunen, im Serravallium und enden im Turolium.
Im hohen Serravallium oder im früheren Tortonium verwandelte sich das Areal der Insel durch Blocktektonik in ein Horst-Graben-Mosaik und große Teile des südägäischen Festlandes sanken ab und wurden vom Meer überflutet. Zur Zeit des Übergangs zwischen Tortonium und Messinium scheint sich die Tektonik stabilisiert zu haben. Parallel dazu fand eine allgemeine Absenkung statt.
Im führenden Pliozän breiten sich marine Sedimente aus. In Ostkreta entstand durch die schrittweise Absenkung eine Treppe von Brandungsplattformen, auf denen Relikte mariner Sedimente aus relativ großen Wassertiefen erhalten sind.
Im späten Pliozän bis zum frühen Quartär erfuhr Kreta eine Nordkippung und Anhebung, die zu etwa heutigen Umrissen führte.

6 Schlußbemerkungen

Griechenland zeichnet durch einen sehr vielfältigen geologischen Bau aus, und da es unmöglich ist, im Verlauf eines Referats auch nur einen Teil davon adäquat zu beschreiben, wurde hier völlig darauf verzichtet. Der Schwerpunkt des Themas sollte auf den ägäischen Inseln liegen. Da für den größten Teil der Inseln wiederum festländische Einheiten verantwortlich sind, hat sich dieser Schwerpunkt nochmals auf die für uns interessanteste Insel, nämlich Kreta reduziert.

7 Literatur

Diercke Weltaltlas, 1. Aufl. der neubearbeitung von 1988. - Westermann, Braunschweig

HSÜ, KENNETH J. (1983): The Mediterranean was a desert. - Princeton, New Jersey

JACOBSHAGEN, VOLKER (1986): Geologie von Griechenland. -(Beiträge zur Regionalen Geologie der Erde, Bd. 19, Berlin/Stuttgart

PHILIPSON, ALFRED (1959): Der Ägäische Meer und seine Inseln. - Die griechischen Landschaften Bd IV, Frankfurt /M

STEMMAN, ROY (1976): Ungelöstes Rätsel Atlantis. - Frankfurt/M / Berlin / Wien



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