Christian Klein
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Die Formen der Landnutzung auf Kreta resultieren aus
den Faktoren Geologie, Relief und Klima.
Die zahlreichen und oft
stark reliefierten Gebirge der Insel verursachen eine auffällige
Kleinräumlichkeit der Agrarlandschaft. Es existieren drei
Nutzungstypen in Abhängigkeit vom Naturraum.
gut nutzbar sind
die nördlichen Küstenebenen, die vor allem das Hinterland
der großen Buchten bilden. Desweiteren sind die Täler und
lang gezogene Tiefebenen ackerbaulich gut nutzbar. Herausragende
Bedeutung besitzt hierbei die Messara-Tiefebene mit einer Länge
von 50 km und wenigen km Breite. Dort finden sich auch die ältesten
archäologischen Hinweise einer Ackerkultur auf Kreta. Den
dritten landwirtschaftlichen Gunstraum bilden die intramontanen
Becken in den Gebirgen. Am bekanntesten ist das Lassithi-Becken.
Ein
großes Problem des Feldbaus auf Kreta bildet die
Wasserversorgung. Obwohl im Winter ausreichend Regen fällt,
leidet der größte Teil der Insel unter Wassermangel. Der
meiste Niederschlag verschwindet in den stark verkarsteten Gebirgen
für immer. Der Rest tritt aus Karstquellen an den Gebirgsrändern
wieder aus. Es gibt auf Kreta nur wenige permanente Gewässer. Im
Sommer sind die meisten Täler Trockentäler.
In
Schwemmlandgebieten ermöglichen Grundwasservorkommen, die man
durch Brunnen erschließen kann, eine ausreichende
Wasserversorgung.
Das Klima der Insel ist zweigeteilt. Der Winter
ist feucht mit gemäßigten Temperaturen. Das Tiefland
bleibt frostfrei. Der Sommer zwischen Mai und Oktober ist trocken und
heiß.
Seit dem Beginn des Feldbaus auf Kreta ist die Agrarlandschaft von der mediterranen Trias geprägt. Durch den Anbau von Weizen, Oliven und Wein wurde die Ernährungsgrundlage gelegt. Begleitend wurden Schafe und Ziegen gehalten und Gemüse kultiviert. Obwohl die klassische Dreiheit eine Form der Subsistenzwirtschaft ist, produzierte Kreta während der Antike soviel Getreide, daß dieses in die großen Städte wie Athen und später Rom exportiert wurde. Bis an das Ende der Venezianerzeit konnten die Bewohner Kretas sich selbst versorgen. erst mit Beginn der Türkenherrschaft 1669 änderte sich dies, da viele Felder nicht mehr bebaut wurden. Seit dem ist Kreta in zunehmenden Maße von Getreideeinfuhren abhängig.
Schon seit vorgeschichtlicher Zeit sind Schafe und
Ziegen die verbreitetsten Weidetiere. Sie sind aufgrund ihrer
relativen Bedürfnislosigkeit das ideale Weidevieh für die
kargen Weidegründe Kretas. Sie liefern heute noch den Bewohnern
Fleisch, Milch, Käse, Wolle sowie Felle.
In Südgriechenland
hat sich i Mittelalter, in Kreta erst nach 1669, eine spezielle Form
der Fernweidewirtschaft, die Kaliwiawirtschaft, gebildet.
Infolge der Besetzung der Insel durch die Türken flohen viele
Kreter vor den Unterdrückern in die Gebirge. Dies führt zu
einer Abkehr vom Ackerbau und einer Hinwendung zur Viehhaltung. Es
wurden eine Reihe von neuen Dörfern gegründet, die meist
auf Höhen um 1000 m lagen. Sie boten Schutz, waren aber noch auf
einer Höhe, in der Ackerbau zur Selbstversorgung möglich
war.
Die primäre Form der Landwirtschaft war nun aber die
Viehwirtschaft. Im Sommer wurden die Schafe und Ziegen oberhalb der
natürlichen Waldgrenze in der Nähe von Almen gehalten. Im
Winter zogen die Herden in die Niederungen, wobei die Wanderung am
Stammdorf unterbrochen werden konnte. In die Niederung zog die ganze
Familie mit und wohnte dort in der sogenannten Kaliwiasiedlung.
Diese bestand nur aus leichten Feldhütten.
Nach dem Ende der
Türkenbesetzung wurden die Niederungen wieder verstärkt
ackerbaulich genutzt. Langsam zogen die Familien vom Stammdorf auf
Dauer in die Kaliwiasiedlung. Oft teilten sich die Familien, eine
Hälfte widmete sich weiterhin den Herden, die andere wandte sich
dem Feldbau zu.
Heute ist die Kaliwiawirtschaft fast ganz
verschwunden. Die Stammdörfer sind oft verlassen oder zu Almen
umgewandelt. Um sie herum liegen oft noch die alten, jetzt nicht mehr
genutzten Terrassen des Getreideanbaus. Dort, wo die Stammdörfer
erhalten geblieben sind, liegen heute häufig zwei Dörfer
mit ähnlichem Namen übereinander.
Ich möchte in diesem Kapitel von einer Nutzung des
Waldes schreiben anstatt von einer Forstwirtschaft, da es auf Kreta
bis heute keine Forstwirtschaft in unserem Sinne gibt.
In
vorgeschichtlicher Zeit war die Insel von ausgedehnten Wäldern
bestanden. Seit Beginn des Ackerbaus begann die Vernichtung der
natürlichen Wälder. Besonderer Bedarf entstand durch den
massiven Schiffsbau unter den Minoern und später der Athenern
und Römern. Dazu kam der ständige Bedarf an Brennstoff in
Form von Holzkohle.
Manche Historiker verbinden das Ende der
Minoerkultur mit einem Holzmangel auf der Insel. Dies ist aber
unwahrscheinlich, da in den folgenden Jahrhunderten bis zur Römerzeit
immer wieder auf Kreta als Holzquelle verwiesen wird.
im 1.
Jahrhundert nach Christus allerdings empfahl Plinius der Ältere
dem römischen Staat und der Holzwirtschaft eine Umorientierung
vom Ost- in den Westmediterranraum, da die östlichen
Waldreserven bald aufgebraucht seien. Daraus läßt sich
auch für Kreta folgern, daß damals die Waldbedeckung nur
noch gering war.
Bemerkenswert ist, daß Griechen und Römer
gewisser Formen der Forstwirtschaft kannten. So wurde an manchen
Orten eine Art Förster angestellt, der für kontrollierten
Holzeinschlag und Neupflanzungen zuständig war. Heilige Wälder,
die es an vielen Orten gab, waren völlig geschützt.
Auch
manchem Römer war der Schaden durch den massiven Holzeinschlag
im Mittelmeerraum bewußt. Vitruvius (1. Jhd.) erläutert in
seinen Schriften die Zusammenhänge von Waldbedeckung und
Wasservorrat auf recht moderne Weise: "Water is to be sought in
mountains and northern regions, because in these parts it is found of
greater quality and is more wholesome and abundant. For such places
are turned away from sun's course, and in these especially are many
forest trees; nor the sun's rays reach the earth directly and cause
the moisture to evaporate. Valleys between mountains are subject to
much rain, and because of dense forests snow remains there longer
under the shade of the trees and the hills. Then it melts and
percolates though the interstices of the earth and so reaches the
lowest spurs of the mountains from which the products of the springs
of the springs flows and bursts forth" (Thirgood, 1981 S.44)
Im
Mittelalter wunden schließlich auch die heiligen Wälder
abgeholzt. Intensive Beweidung und Holzkohlegewinnung, auch mit Hilfe
von Zwergsträuchern, haben vielerorts zu Erosion der Bodenkrume
und damit dauerhafter Schädigung geführt.
Heute sind 7%
von Westkreta waldbedeckt. Die Wälder liegen in schwer
zugänglichen Lagen wie in schluchtartigen Tälern und an
steilen Hängen. Diese Wälder werden heute meist geschützt,
da ihr ökologischer Wert inzwischen allgemein bekannt ist.
Größere Wiederaufforstungen scheitern bisher an den
Viehzüchtern und privaten und kommunalen Besitzverhältnissen
(Abbildung)
Auf Kreta existieren drei physiognomische
Landnutzungstypen.
Einen Typ findet man in den nördlichen
Küstenebenen. Ihre Landschaften werden durch einen Wechsel
zwischen Bewässerungskulturen mit Agrumen und Gemüsen und
Trockenfeldbau mit Weizen, Oliven und Weinanbau bestimmt.
In den
Berg- und Hügelländern trifft man am Talboden
Bewässerungskulturen oder Olivenhaine mit Weizenunterkulturen
an. Die Hänge sind von Oliven, Getreide und Wein bestanden. Auf
den Riedeln wird bevorzugt Wein angebaut.
Den dritten
physiognomischen Typ der Landnutzung trifft man in den intramontanen
Becken an, der nach der Art der Wasserversorgung differenziert werden
kann. Bei einer Quellmuldenlage liegen die Nutzungsformen kreisförmig
um die Quelle. Im Kern liegen Eßkastanien- und Platanenhaine.
Diese sind umgeben von Olivenbäumen, häufig mit
Getreideunterkulturen. Dem schließt sich ein terassierter
Getreidegürtel an. An irgendeiner günstigen Stelle liegt
meist ein Wingert.
Bei einem Wasseraustritt am Hang sind die
gleichen kreisförmig angeordneten Nutzungsbereiche ausgebildet.
Auch bei Tallage gilt die geschilderte Abfolge, nur sind die
Nutzungsformen in diesem Fall in parallelen Streifen angeordnet
(Abbildung)
Die nutzbare Fläche der landwirtschaftlichen
Betriebe in Westkreta liegt bei durchschnittlich 2,54 ha. Die
Parzellen liegen oft sehr verstreut. Diese Gegebenheiten erschweren
eine effektivere Nutzung enorm. Sie ist primär in dem Brauch der
Realerbteilung begründet.
1923 gab es die letzte große
Landreform in Griechenland. Damals mußten viele aus Kleinasien
geflohene Griechen mit Land versorgt werden. Aufgrund der vielen
Menschen, die Land brauchten waren die vom Staat zugewiesenen Flächen
klein.
Die Abneigung, Land zu verkaufen, ist in Griechenland weit
verbreitet. Landbesitz gilt als letztlich einzige Sicherheit im
Leben. Daher gab und gibt es für Bauern kaum die Möglichkeit
ihren Besitz zu vergrößern. Die im Zuge der Landflucht
abgewanderten Familien behalten meist ihr Land und pflanzen dort
wenig Pflege bedürftige Dauerkulturen wie Olivenbäume.
Aufgrund
der Zersplitterung der Agrarlandschaft haben sich bis heute
altertümliche Wirtschaftsformen wie die
Zweizelgenbrachwirtschaft erhalten.
Baumkulturen
50% der Landnutzungsfläche Westkretas ist
Baumland.
Dabei wird 81% dieser Fläche von Ölbaumkulturen
eingenommen. Agrumen besitzen einen Anteil von 12% und die restlichen
7% verteilen sich auf diverse Kulturen wie Eßkastanie, Walnuß,
Mandel, Pfirsich, Apfel und Johannisbrotbaum.
Ölbaum
Ölbäume sind sehr frostempfindlich und kommen
daher auf Kreta nur bis auf eine Höhe zwischen 600 und 800 m
vor. Sie brauchen nur 300 mm Niederschlag in Jahr und haben nur
geringe Bodenansprüche. Im Later von 20 Jahren sind sie voll
ertragsfähig. Die Bäume werden mehrere hundert Jahre alt.
Alle zwei Jahre liefern sie eine volle Ernte.
Heute gibt es auf
Westkreta 3550723 Ölbäume. Der Anbau nimmt heute zu, da
Olivenöl ein wichtiges Exportgut der Insel darstellt. Durch
Verbesserung der Aufzucht ist die phase der Unproduktivität auf
4-5 Jahre minimiert worden, so daß das Anbau von Oliven auch
für viele Kleinbauern noch attraktiver geworden ist.
Agrumen
Agrumen, auf Kreta meist Orangen und Mandarinen, werden auf Plantagen im Bewässerungsfeldbau kultiviert. Nach drei Jahren tragen die Bäume erste Früchte und bringen nach fünf Jahren Vollerträge. Wie der Ölbaum sind die Agrumen frostempfindlich. Das Hauptzentrum des Agrumenanbaus liegt bei Chania.
Andere Baumkulturen
Der früher nach den Agrumen wichtigste Baum, der
Johannisbrotbaum, ist heute von geringerer Bedeutung. Seine Früchte
dienen nur als Viehfutter und können industriell verwendet
werden.
In den Schiefergebieten im Westen Kretas werden
Eßkastanien und Walnußbäume kultiviert. In
bewässerten Tälern stehen oft Pfirsich- und
Aprikosenbäume.
Es gibt zahlreiche andere Kulturbäume
auf Kreta, die meist regional in Erscheinung treten, in dieser Arbeit
aber nicht alle aufgezählt werden können.
Acker- und Gartenbau
Zur Deckung des Bedarfs der regionalen Märkte auf
Kreta werden zahlreiche Gemüse angebaut. Größtenteils
geschieht dies in Form des Bewässerungsfeldbaus.
Der Ackerbau
wird vom Weizenanbau dominiert. Dieser ist aufgrund der Landflucht
rückläufig.
Im Tiefland werden Kartoffeln mit
Bewässerung, im Gebirge meist im Trockenfeldbau kultiviert.
Fast
jeder landwirtschaftliche Betrieb auf Kreta baut Wein an. Vielfach
dient er dem Eigengebrauch.
Größere Zentren liegen in
den Küstenebenen und den intramontanen Becken. Der Wein von dort
gelangt auf die größeren Märkte.
Die Grenzen des
Winanbaus liegen bei 1200 m. Außer für Wein werden die
trauben als Tafeltrauben oder als Rosinen vermarktet. Der Schwerpunkt
der Rosinenproduktion liegt in Mittel- und Ostkreta.
Die Weine
sind sehr verschieden. Es kommen weiße, rote, herbe, süße
und trockene Weine vor.
Weidewirtschaft
Auf Grund des erhöhten Fleischbedarfs infolge des
Tourismusses wird immer mehr Vieh gehalten. Im Gebirge dehnen sich
die Weidegründe vor allem zugunsten des Getreideanbaus aus.
Ungefähr die Hälfte der Fläche Kretas dient als
Weidefläche.
Wie schon erwähnt sind Schafe und Ziegen
die verbreitetsten Arten. Rinder sind kaum anzutreffen, obwohl hier
und da welche gehalten werden. In den meisten Fällen ist die
Futterversorgung zu schwierig, jedoch bring ein Rind viel ein.
Die Haupternährungsgrundlage Kretas bildet die
mediterrane Trias ergänzt mit Schaft- und
Ziegenhaltung.
Marktorientiert wird Agrumen und Gemüse im
Bewässerungsfeldbau angebaut.
Das Bestreben nach einer
Lebensverbesserung hat auf Kreta zu einer Land- und gebirgsflucht
geführt. Dadurch ergibt sich eine Umstrukturierung der
Agrarlandschaft mit folgenden Tendenzen:
- Ausweitung der
Olivenbestände
- Ausweitung des Bewässerungsfeldbaus
-
Einschränkung des Getreideanbaus
- Ausweitung der Viehhaltung
Die kleinbäuerliche Agrarbevölkerung Kretas
ist für Neuerungen wenig aufgeschlossen. Die
Subsistenzwirtschaft wird bis heute moderner agrarischer
Arbeitsteilung vorgezogen.
Dabei wird eine fortschrittliche
Nutzung durch die naturgeographischen Gegebenheiten immer behindert
bzw. verhindert werden.
Austin, M. / Vidal-Naquet, P.: "Gesellschaft und Wirtschaft im alten Griechenland". München 1984
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Bockhoff, B.: "Griechenland". München 1987
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Fröhlich, M.: "Westkreta - Zur Geographie des Agrarraumes". Berlin 1987
Lienau, C.: "Griechenland". Darmstadt 1989
Thirgood, J.V.: "Man and the Mediterranean Forest". London 1981
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