Postglaziale Vegetationsentwicklung im Mittelmeergebiet unter besonderer Berücksichtigung des Ostmediterranraumes

Xenia Kirch

zurück zum Inhaltsverzeichnis des Exkursionsführers

Einleitung

Der Mittelmeerraum bildet eine einheitliche pflanzengeographische Zone, deren Grenzen zwischen 30° und 45° Nord und zwischen 6° West und 42° Ost verlaufen. Diese Zone besteht hauptsächlich aus dem großen Mittelmeerbecken mit seinen Inseln und Halbinseln, aus den angrenzenden Küstengebieten und aus einigen extramediterranen Gebieten, vor allem auf Marokko und der Iberischen Halbinsel. Der Einfluß des Meeres reicht meistens nicht sehr weit ins Binnenland und besonders in der östlichen Hälfte des Mittelmeerraumes gibt es Gebiete (Dalmatien, Schwarzmeerküsten usw.), in denen, nur wenige Kilometer vom Meer entfernt, kontinentale Verhältnisse herrschen.
Der Ursprung der mediterranen Flora und Vegetation liegt sehr weit zurück bis ins Tertiär. Sie bildete sich aus zentralasischen Elementen (Quercus-Arten, Chenopodiaceen, Cyclamen, Olea, Ceratonia, Myrtus, Clematis u.a.) und aus westlichen Elementen (Erica, Arbutus, Rubia, Rhamnus, Asplenium, Hedera, Pistacia, Cistus u.a.).
Während der Kaltzeiten des Pleistozän wurde diese Vegetation zerstört oder zog sich in Refugialräume zurück. Aus diesen konnte sie während der Warmzeiten und nach dem Abklingen der letzten Vereisungsperiode (Würm) wieder in ihre Ursprungsgebiete zurückwandern. Die postglaziale Vegetationsentwicklung wird v.a. durch dies Rückwanderungswege, im weiteren durch die Klimaentwicklung und den Einfluß des Menschen bestimmt.

Klima- und Vegetationsgeschichte im Tertiär

In Euroa

Im Alttertiär herrschte auf der Erde ein warmes, ausgeglichenes subtropisch-tropisches Klima. in der Holarktis mischten sich Arten einer Tropenflora (Lauraceae, Moraceae, Juglandaceae, Palmen, tropische Farne) mit artenreichen sommergrünen Laub- und Nadelmischwaldfloren. In letzteren herrschten viele Gattungen vor, die auch heute noch in unseren Wäldern zu finden sind, wie Pinus, Picea, Ulmus, Acer, Vitis, Tilia, Populus, Salix, Fraxinus. Andere sind nur noch in den Rückzugsräumen, Nordamerika und Ostasien, erhalten geblieben. In Nordamerika finden sich Taxodium und Sequoia, in Ostasien Ginkgo und Cercidiphyllum, in beiden Refugien Tsuga, Magnolia, Liriodendron, Sassafras, Liquidambar, Carya, Diospyros. Im Verlauf des Alttertiärs kan es zu einer Aridisierung des Klimas. Xerotherme Arten, wie Lauraceen und immergrüne Quercus-Arten traten im Unterholz von sommergrünen mesophytischen Wäldern auf. Es entstanden die Hartlaubfloren mit den Vorläufern heutiger immergrüner Gesellschaften - Quercus mediterraneae, Q. coccifera, Ceratonia, Pistacia, Myrtus, Juniperus, Pinus, Crataegus -.
Im Neogen verstärkte sich die Austrocknung der Binnenräume und eine fortschreitende Abkühlung machte sich bemerkbar, die ihren Höhepunkt in den Eiszeiten des Pleistozän erreichte. Die Auffaltung der großen Gebirgszüge, Alpen, Himalaja, Cordilleren, im Zuge der alpidischen Gebirgsbildung, sowie die Schrumpfung bzw. Austrocknung mariner und limnischer Gewässer führte zu einer großräumigen Kontinentalisierung des Klimas. Es kam zum Aussterben fast aller tropischen, wärmeliebenden Sippen. Feuchte Standorte im östlichen Mittelmeerraum stellen Refugialräume solcher arkto-tertiären Sippen dar (weitere in Europa und SW-Asien), z.B. für Platanus orientalis, Zelkova, Liquidambar und Styrax.
Vor ca. 3 Millionen Jahren (Pliozän) bildete sich der typische sommertrockene-winterfeuchte Klimagang des Mittelmeerraumes. Mit der Fortsetzung der Trockenperiode kam es zur Ausbreitung einer steppenartigen Vegetation.
An der Grenze Pliozän-Pleistozän läßt sich im Zuge einer humiden Phase erneut die Ausbreitung der Waldvegetation feststellen. Von SUC 1984 wurde für den adriatischen Raum und in Süditalien folgende Höhenzonierung der mediterranen Vegetation beschrieben.

I. Thermo-mediterrane Zone

Olea, Ceratonia, Pistacia, Phillyrea, Myrtus

II. Meso-meditrrane Zone

Phillyrea, Quercus ilex, Olea, Carpinus orientalis, Rhamnus

III. Humid-mediterrane Zone

Sommergrüner Eichenwald mit Carpinus orientalis, C. betulus, Carya, Ulmus, Zelkova

IV. Bergwaldzone

Cedrus, Pinus, Abies, Picea, Tsuga



Florenentwicklung im ostmediterranen Raum

Im Miozän nahm eine breite, bergige Landmasse die Südägäis ein. Zahlreiche Absenkungen und Einbrüche beendeten die ursprüngliche Einheit. Das Meer im Mittelmiozän konnte durch die entstandenen Senken nach Norden vordringen und zerlegte das südägäische Festland in zahlreiche Inseln und Halbinseln. es drang bis nach Kreta vor. Im trockeneren Hinterland hatte sich schon früh eine Hartlaubvegetation entwickelt. Die zahlreichen Sumpf- und Süßwasserflächen der zentralen und nördlichen Ägäis waren von mesophilen Uferwäldern umgeben (Liquidamber, Platanus, Zelkova). Die ursprünglichen Vertreter der kretischen Gebirgsstöcke sind vermutlich noch vor dem Auseinanderbrechen der südägäischen Gebirgsketten eingewandert, demnach schon zu Beginn des Miozäns. Seit damals waren die kretischen Gebirgsstöcke weitgehend isoliert. In der altmediterranen Orophytenflora ("oro-mesogäisches Element" nach GREUTER 1970) spielen Caryophyllaceaen, Cruciferen, Boraginaceaen, Labiaten und Rubiaceaen eine große Rolle. Im Obermiozän, dem sogenannten "Pont", fielen die bisherigen Verbindungen des Mittelmeeres mit dem atlantischen Ozean trocken, sowohl der Bätische Kanal in Südspanien, als auch der marokkanische Riff-Kanal. Es kam zu klimatisch-hydrographischen Störungen im ganzen Mittelmeerraum, zu einer Absenkung des Meeresspiegels und einer Abnahme der Niederschläge. Nur die ehemaligen Tiefseebecken blieben überflutet. Alle Flachseebereiche und Inseln hatten sich zu einer neuen Landmasse vereinigt.
Abbildung 1 Südgriechenland während des Obermiozäns. GREUTER 1970
Es breitet sich eine Steppenflora aus, die GREUTER 1970 als das "xero-mesogäische" Element bezeichnet. Es hat sich im wesentlichen an besonders felsigen oder exponierten, waldlosen Standorten halten können. Die Schutzwirkung der insulären Isolation ist hier besonders ausgeprägt, und die Artenzahl nimmt gegen Festlandsgebiete rasch ab. Für eine Reihe von Arten hat die Vernichtung der Naturvegetation durch den Menschen einen neuen Lebensraum geschaffen.
Vertreter des xero-mesogäischen Elementes sind Labiaten, Compositen sowie monokotyle Zwiebel- und Knollengeophyten (Liliaceae und Orchidaceae)
Abbildung 2 Südgriechenland während des Pliozäns. GREUTER 1970
Zu Beginn des Pliozän drang das Meer, nach dem Einbrechen der Meeresstraße von Gibraltar wieder in die Ägäis ein. Die Südägäis wurde in eine Inselkette zerschnitten, auch die Kykladen bildeten eine von den Kontinenten getrennte Großinsel.
Auf Kreta belegt die Verbreitung mariner Sedimente das Bestehen mehrerer verhältnismäßig kleiner, hoher Inseln während des Pliozän, die den heutigen Gebirgsstöcken entsprachen. Erst zu Beginn des Quartär führten Hebungsvorgänge zum Zusammenwachsen der Insel. Gegen Ende des Pliozän entsprach as Klima ungefähr dem heutigen. Die submediterranen Arten, die von Norden her ins südliche Griechenland einwanderten, konnten sich in den randlichen, nicht isolierten Gebieten der Ägäis ansiedeln. Die wenigen südägäischen Vertreter dieser Gruppe sind wohl durch Fernverbreitung (meist Arten mit fleischigen Früchten) vorgedrungen. Zu diesem sogenannten "para-mesogäischen" Element zählen Ceris, Cotinus, Paliurus.
Wahrscheinlich waren die südägäischen Inseln seit dem Pliozän vom Festland abgeschnitten und die Meeresregressionen während der Kaltzeiten reichten nicht aus, um die trennenden Meeresarme trockenzulegen, den die kälteresistenten, während der Kaltzeiten konkurenziell überlegenen Arten, erreichten die Inseln in der Regel nicht.

Klima und Vegetationsgeschichte im Pleistozän

Die bereits im Pliozän begonnenen Klimaschwankungen verstärkten sich und führten vor ca. 2 Millionen Jahren zum Beginn einer Serie von rasch aufeinander folgenden Kalt- und Warmzeiten. Während des Kaltzeiten haben sich in NW-Europa, NW-Sibirien und in weiten Gebieten Nordamerikas mächtige Inlandeismassen gebildet. Die Alpen waren mit einer Eiskappe bedeckt, währen die Gebirge Südeuropas, Asiens, Alaskas und der Tropen weniger ausgedehnte Gletscher trugen. Das eiszeitliche Klima wirkte sich auch außerhalb der vereisten Gebiete vegetationsfeindlich aus, aufgrund der Ablagerung von Flugstaubdecken, durch Dauerfrostböden im periglazialen Bereich bis nahe an den Nordrand der Mittelmeerländer und durch eine Absenkung des Meeresspiegels (um 100-200m) durch die Bindung großer Wassermassen im Eis.
Mitteleuropa war während der Kaltzeiten des Pleistozäns waldlos bis auf lokale Waldsteppen bzw. Waldtundren mit Birken, Kiefern und anderen kältefesten Gehölzen. Reste der baumfreien Glazialfloren in den tonigen Ablagerungen von Seen zeigen, daß damals Zwergstrauchtundren und Kältesteppen, dazu staudenreiche Matten, Seggenmoore und verarmte Wasserpflanzen-Gesellschaften verbreitet waren.
In Südeuropa wichen anspruchsvollere Gehölze zurück. Galerie- und Saumwälder hielten sich im Bereich südlicherer Kältesteppen, weiter verbreitet erscheinen offene Waldsteppen und Waldtundren. Nur wenig ausgedehnt, disjunkt und küstennah lagen die Refugien geschlossener sommergrüner Laubmischwälder. Die immergrüne Vegetation fand sich in größeren Beständen erst in Afrika und SW-Asien. (In STRAßBURGER 1983)
Doch die Beschreibungen der eiszeitlichen Vegetationsbedeckung für den Mittelmeerraum divergieren. Untersucht wurden besonders die Verhältnisse während der letzte nEidbedeckung (Würm-Eiszeit). BÜDEL stimmt mit vorhergehender Vegetationsbeschreibung überein. Er stellt die rekonstruierte Vegetation während des Würm-Glazials in einer Karte dar.
Abbildung 3 Rekonstruktionsversuch der Vegetationsgürtel im Südeuropa während des Würm-Hochglazials von BÜDEL. Dazu drei pollenanalytische Untersuchungsstellen in
I. Padul, Provinz Granada, Südspanien etwa 750m ü.M. (MÉNÉNDEZ & FLORSCHÜTZ 1964)
II. Lago di Monterosi, Latinum, Mittelitalien, 236m ü.M. (BONATTI 1962)
III. Drama-Ebene, südliches Mazedonien, 67m ü.M. (VAN DE HAMMEN und Mitarbeiter 1965)
Nach BEUG 1967
Pollenprofile von VAN DE HAMMEN, BONATTI, MÉNÉDEZ-FLORSCHÜTZ belegen dagegen eine Artemisia-Chenopodiaceae-Steppenvegetation für diesen Zeitraum sowohl im westlichen als auch im östlichen Mittelmeerraum.
Zu Beginn des Pleistozäns fanden sich noch Tertiäre Relikte in der Vegetation, wie Tsuga (Pinaceae), Carya (Juglandaceae), Pterocarya (Juglandaceae), Zelkova (Ulmaceae) und Liquidambar (Altingiaceae). Während kürzerer humider Phasen konnten im Mittelpleistozän Baumarten in die Steppenvegetation eindringen. Im östlichen Raum v.a. Quercus, Pinus, Ulmus und Carpinus. (Oberseminarreferat 1987).
Das Würm leitete wieder eine durch Steppen geprägte Phase ein. Durch Wärmeschwankungen konnten Betula- und Pinus-Bestände aufkommen, kurzfristig konnte sich sogar Quercus ilex ausbreiten. Ende des Würms war das östliche Mittelmeergebiet durch eine offene Vegetation mit Quercus ilex, Pistacia und Gramineen geprägt. Die Steppenvegetation setzte sich vorwiegend zusammen aus Artemisia und Chenopodiaceae, sowie Helianthemum, Ephedra, Centaurea, Juniperus u.a.

Die Vegetation der Warmzeiten (Interstadiale) wurde beherrscht von anspruchsvollen Laubmischwäldern mit Quercus pubescens, Q. ilex, Pistacia, Carpinus orientalis, Corylus, Fagus und tertiären Reliktarten. Mit der Aufeinanderfolge der Warm- und Kaltzeiten nahm der tertiäre Florenanteil stetig ab. Wo sie heute noch vorhanden sind kennzeichnen sie die kaltzeitlichen Refugialräume anspruchsvoller Laubmischwälder. Im östlichen Mittelmeerraum befinden sich solche Refugien mit den Arten Aesculus hippocastanum, Picea peuce, P. ornorica, Zelkova, Liquidambar, Styrax.
Ein weiteres ungeklärtes Phänomen stellen due von BUDEL 1963 und SCHWARZBACH 1961 erwähnten "Pluvialzeiten" dar. Nach den Autoren wirkte sich das Pleistozän im Mediterrangebiet marin aus, im Sinne von Regenzeiten ("Pluviale") während der Kaltzeiten und zunehmender Austrocknung ("Interpluviale") während der Interstadiale.
BRINKMANN 1977 spricht vom "Pluvialproblem" und schreibt: "Die neuere Forschung zeigt, daß der Gesamtablauf anders und stärker unter regionalen Gesichtspunkten gesehen werden muß". Nach seiner Darstellung gerieten während der kaltzeiten weiter Gebiete der Subtropen in den Bereich der Westwind-Drift und damit in einen Gürtel erhöhter Niederschläge. Zur gleiche n zeit herrschten in den Tropen stärker aride Verhältnisse. In den Warmzeiten treten im heutigen Wüstengürtel tropische Sommerregen auf. RICARDI 1965 zeigte für Mittelitalien, daß schon während des Altpleistozäns wiederholt waldlose Steppenzeiten mit warm-feuchten Waldperioden abwechselten.

Postglaziale Vegetationsentwicklung

Im Mittelmeerraum

Nach dem Höhepunkt der Vereisung vor etwa 10-20000 Jahren wurde das Klima allmählich wärmer. Die Nacheiszeit setzte mit einer merklichen Klimaverbesserung (um 8000 v.Chr.) ein.

Präboreal

8000 - 6800 v. Chr.

Vorwärmzeit

steigende Temperaturen, aber kühl-trocken

Boreal

6800 - 5000 v. Chr.

Frühe Wärmzeit

Zunahme der Niederschläge

Atlantikum

5000 - 2400 v. Chr.

Mittlere Wärmzeit

Klimaoptimum, warm-feucht

Subboreal

2400 - 850 v. Chr.


abfallen der Temperaturen

Subatlantikum

-850

Nachwärmzeit

kühl-feucht


Die Klimaverbesserung erreichte ihren Höhepunkt im Atlantikum, das im Mittel 2,5° - 4° C wärmer war als heute.
Die Rückwanderung der vegetationsbestimmenden Bäume in die einst waldfreien oder eisbedeckten Gebiete erfolgte im temperaten Europa in einer prägnanten Abfolge, der sogenannten "mitteleuropäischen Grundsukzession". Darunter ist eine Abfolge zu verstehen, die mit einer Birkenvegetation beginnt, von einer Hasel- und Eichenvegetation abgelöst wird und durch eine späte Ausbreitung der Buche gekennzeichnet ist. Diese Grundsukzession wurde in den einzelnen Landschaften vor allem durch die zeitlich jeweils verschiedene Massenausbreitung einiger Nadelhölzer, insbesondere der Tanne und Fichte differenziert. Auch im Umkreis der Alpen, im Westen und auf der Südseite ist diese Abfolge vorhanden.
In der mediterranen Hartlaubstufe wurden spätglaziale und frühpostglaziale Ablagerungen bisher kaum pollenanalytisch erfasst. Nach einem von BEUG 1961 im See Malo Jezero auf Mljet untersuchten Profil läßt sich der Zeitraum vor etwa 8500 Jahren bis kurz vor der Zeitenwende in vier Abschnitte der Vegetationsentwicklung unterscheiden.

Abbildung 4 Pollendiagramm vom See Malo Jezero auf der Insel Mljet. Nach BEUG 1967
I. Zeit der sommergrünen Quercus-Wälder
Während der humideren Bedingungen des Boreals breiteten sich sommergrüne Eichenwälder aus.
II. Juniperus-Phillyrea-Periode
In er mittleren Wärmzeit lichtete sich der sommergrüne Eichenwald und wird mit Juniperus und Phillyrea durchsetzt.
III. Zeit der immergrünen Quercus ilex-Wälder
Am Übergang zum Subboreal dominierten in östlichen Küstenregionen Quercus ilex-Wälder mit Olea, Cedrus, Carpinus, Fagus, Ulmus, Abies, Picea u.a. Im westlichen Mediterranraum fehlte die Übergangsphase mit Juniperus und Phillyrea und die Steineichenwälder breiteten sich schon zum Höhepunkt der Wärmzeit aus.
Zu Beginn des Subboreals sanken die Temperaturen wieder leicht und Steppenelemente breiteten sich aus. Im späten Subboreal fanden sich erste Siedlungszeiger, wie Castanea, Secale, Juglans u.a.
IV. Pinus-Quercus ilex-Zeit
Im Subatlantikum dominierte wieder der Steineichenwald, im östlichen Mediterrangebiet stellenweise mit Pinus sylvestris oder Pinus nigra. Im westlichen Mediterranraum auch mit Quercus suber.

Ursachen für die Sukzession können sowohl Klimaänderungen als auch Wanderungseffekte gewesen sein. Belege für die Klimaschwankungen stellen Verschiebungen der Waldgrenze, sowie der Nord- und Höhengrenzen wärmeliebender Arten dar. So waren in den Gebirgen die Höhenstufen und besonders die Waldgrenze um 200-400m nach oben verlagert. Wärmeliebende Gehölze (z.B. die Hasel), Wasser- und Sumpfpflanzen (z.B. Phragmitis, Najas-Arten, Trapa natans), sowie thermophile Landtiere und marine Mollusken konnten jenseits ihrer heutigen Nordgrenze gedeihen, wo dies heute wegen zu geringer Wärme nicht möglich ist.
LANG sieht jedoch in den bewiesenen Klimaschwankungen nicht den ausschlaggebenden Faktor für die spät- und postglaziale Waldfolge. Zu Berücksichtigen sind vor allem die verschiedenen Ausbreitungsgeschwindigkeiten und Wanderwege der Bäume. die Lage ihrer eiszeitlichen Zufluchtstätten, ihre verschiedene Konkurrenzkaft, sowie die verzögerte Bodenreifung. Relikte der postglazialen Wärmzeit stellen heutige Vorkommen sub- und eumediterraner Arten nördlich der Arealgrenze dar. Quercus ilex war während der postglazialen Wärmzeit im Pariser Becken weit verbreitet.

Auf Kreta

Abbildung 5 Pollendiagramm von Aghia Galini an der südlichen Küste Zentralkretas
Das Pollendiagramm stammt von der südlichen Küste Kretas (Zentralkreta), nahe der Mündung des Platys-Flusses in den Golf von Mesara, bei Aghia Galini.
Zu Beginn der Präboreal (8100 v.Chr.) dominierten Kiefernwälder das Gebiet. Stellenweise wuchsen laubwerfende Eichen.
Mitte des Präboreal zeigt das Pollendiagramm ein Anwachsen der Eichenpollen, sowohl laubwerfender aus auch immergrüner Arten. Pinus blieb eine beherrschende Art, aber insgesamt stieg der Anteil der Nichtbaumpollen. Im Gebiet kamen auch Pistacia, Ulmus, Tilia, Corylus, Alnus, sowie Vitis und Hedera vor. Asphodelus-Pollen zeigen hohe Anteile im Pollendiagramm, welches auf eine zumindest stellenweise häufiges Auftreten der Pflanzen hinweist. Es wurden auch Sporen von Isoëtes, Dryopteris, Cheilanthes, Polypodium, Ophioglossaceae und Pteris in Zone V gefunden.
Anfang des Atlantikum (Zone W) breiteten sich die Eichenwälder stärker aus. Hedera und Vitis blieben weiterhin häufige Arten. Ob Plantago lanceolata und Ceralia auf frühe Landwirtschaft hindeuten ist unklar.
Während des Zeitabschnittes der durch Pollenzone X repräsentiert wird herrschte eine offene Vegetation vor, wogegen die Eichenwälder zurücktraten. Plantago lanceolata, verschiedene Centaurea-Arten, sowie andere Compositen, Umbelliferae, Asphodelus und andere Liliaceae müssen häufig vorgekommen sein.
Um 5350 v. Chr. fand eine Wiederbesiedlung durch Eichenwälder statt. Pistacia, Vitis und Hedera werden erwähnt.
Für den Zeitraum zwischen 4350 - 3050 v. Chr. liegen keine pollenanalytischen Informationen vor.
Die Vegetation bis Ende des Atlantikum (Pollenzone Z), muß im Aghia Galini-Gebiet großflächig frei von Bäumen gewesen sein. Die Baumpollenanteile fielen auf "moderne" Werte. Auffällig sind dagegen die hohen Werte für Chenopodiaceae-Pollen.
Nähere Erläuterungen für die Ursachen des Vegetationswechsels wurden nicht gegeben.

Anthropogene Beeinflussung der vegetation seit Historischer Zeit

Im Mittelmeerraum

Die Beeinflussung des Mediterranraumes durch ackerkulturtreibende Völker erfolgte seit etwa 3000 v.Chr., zuerst im östlichen Teil der Mediterraneis. Der Beginn der minoischen Kultur auf Kreta wird auf 2600 v.Chr. festgesetzt. Der Besiedlung durch den Menschen folgte immer eine Zerstörung der natürlichen Wälder, da Brennholz und Bauholz für Häuser und Schiffe benötigt wurde. Die entwaldeten Flächen wurden als weide genutzt, die besten Böden wurden für die Landwirtschaft gewonnen.
In den Pollendiagrammen wird der Einfluß des Menschen sichtbar durch die Pollenfunden von Roggen (Secale), Walnuß (Juglans), Edelkastanie (Castanea), Hanf (Cannabis) oder Hopfen (Humulus), durch zunehmende Anteile von Kiefer-, Ölbaum- oder Pistazienpollen, sowie durch die Auflichtung der Hartlaubwälder.
Schon früh haben Brände auf bewaldete Flächen übergegriffen. Hirten haben später ihre freien Weideflächen vergrößert. Das Weidevieh vernichtete die Wälder durch Verbiß des Jungwuchses. Besonders große Schäden richteten Ziegen an, die auch an Steilen Felsen emporsteigen können.
Die Erosion durch Wind und Wasser wurde auf dem durch Entwaldung, Viehtritt und Band entblößten Böden beschleunigt. Rodungen für Ackerbau und Holzschlag für Bau- und Brennholz nahmen mit wachsender Bevölkerungszahl zu.
Die Industrialisierung vernichtete schon zu Zeiten primitiver Erzhütten und Kalköfen viele Quadratmeter Waldflächen und dieser Prozeß hat bis heute nicht aufgehört. In jüngster Zeit wirkt sich die Intensivierung der land- und Forstwirtschaft auf die Pflanzendecke aus, wenn auch noch nicht so tiefgreifend, wie etwa in Mitteleuropa.
Die Wälder verschwanden so von großen Flächen und wurden ersetzt durch andere Vegetationstypen. Die Ersatzgesellschaften können nach den wesentlichsten menschlichen Eingriffen und der Dauer ihrer Intensität geordnet werden.
Abbildung 6 Die wichtigsten Ersatzgesellschaften der mediterranen Wälder
Eine auf Bau- und Nutzholz abgestellte Forstwirtschaft wird bei natürlicher Verjüngung nur zu artenärmeren Hochwaldbeständen führen. Eine intensivere Nutzung hat jedoch eine stärkere Verschiebung des Holzartenspektrums zur Folge und endet meist bei artenreichen Strauchgesellschaften (Macchien). Da auch diese bei dem verbreiteten Brennstoffmangel im Mittelmeergebiet und dem hohen bedarf für die Herdfeuerung, zum Kalkbrennen u.a.m. geschlagen wurden, blieben bald nur kümmerliche Zwergstrauchgesellschaften (Garigue, Tormillares, Phrygana) übrig. In Griechenland hat nach BEUERMANN 1956 die übermäßige Harznutzung in einförmigen Nadelholzforsten zum Absterben der Hochwälder und damit zur Ausbildung von Strauchgesellschaften geführt.
Die intensive, ungeregelte Beweidung mit hohen Bestockungszahlen führte sehr schnell über Strauch- und Zwergstrauchgesellschaften zu krautigen Beständen, in dem die vom Vieh gemiedenen Arten vorherrschen.

Degradationsstadien und anthropogene Gehölze auf Kreta

Als Resultat der Waldzerstörung entstanden auf Kreta, außerhalb des eigentlichen Kultur- und Siedlungslandes, weite offene Flächen mit niedrigen Gebüsch- und Zwergstrauchformationen, welche extensiv als Weideland genutzt werden. Die Entwaldung ist trotz der Bodenzerstörung kein irreversibler Vorgang, doch verhindert das Weidevieh (überwiegend Schafe), und das periodische Abbrennen der Bestände das erneute Aufkommen des Baumwuchses.
Die eigentliche Macchie ist in Kreta auf die Schiefergebiete beschränkt. Sie besteht vornehmlich aus Arbutus unedo und ist infolge von Schlinggewächsen (Smilax, Tamus) meist völlig undurchdringlich. Durch wiederholtes Abbrennen entstehen in trockeneren Hang- und Kuppenlagen niedrige, lichte Ausbildung, in denen Zistrosenarten, Erica marupuliflora, Lavendula stoechas oder sogar Pteridium aquilinum die Oberhand gewinnen.
Außerhalb des Schiefergebirges ergeben sich als unmittelbarstes Degradationsprodukt der Wälder niedrige Gebüsche, die vorwiegend aus Verbißformen normal baumförmiger Arten bestehen.. Dominierend ist Quercus coccifera, ebenfalls häufig treten Olea europaea, Phillyrea latifolia, Pyrus spinosa als Verbißformen auf. Bei stärker degradierten Formationen dominieren Zwergsträucher mit verschiedenen vorherrschenden Arten, wie Genista acanthoclada, Cistus-, Salvia- und Phlomis-Arten, Anthyllis hermanniae, Coridothymus capitatus, Sarcopoterium spinosum.
In der als Phrygana bezeichneten Formation sind Coridothymus und Sarcopoterium die typischen Vertreter. Phrygana und ihr verwandte Zwergstrauchbestände sind die floristisch abwechslungsreichsten Formationen Kretas. Sie beherbergen eine reiche Begleitflora von Geophyten, Anuellen, Disteln und horstigen Gräsern.
Hier zeigt sich der von PIGNATTI 1984 beschriebene Zusammenhang zwischen dem starken menschlichen Einfluß auf die vegetation und der floristischen Vielfalt im Mittelmeerraum.
Sekundäre Gehölze finden sich im menschlichen Siedlungsbereich vor allem in den niederschlagsreichen gebieten. In ihnen gelangen der Mediterranstufe fremde, meist laubwerfende Arten zur Herrschaft, u.a. die Flaumeiche, die Heckenrose und der Weißdorn.

Literaturliste

BEUG, H.J. (1967): Probleme der Vegetationsgeschichte in Südeuropa. Ber. Dtsch. Bot. Ges. 80 (10): 682-689

BEUG, H.J. (1975): Changes of climate and vegetaion belts in the mountains of Mediterranean Europe during the Holocene. Biuletyn Geol. 19, 101-110.

BEUG, H.J. (1982): Vegetaion history and climate changes in central and southern Europe. In: Harding, A.F. (ed.): Climate changes in Later Prehistory. Edinburgh, 85-102.

BONATTI, E. (1966): North Mediterranean Climate during the last Wümr Glaciation. -Natur, Vo.209, S.984-985.

BOTTEMA, S. (1980): Palynological Investigations of Crete.- Rev. Palaeobot. Palynol. 31: 193-217.

BRINKMANN, R. (1977): Historische Geologie.- Abriß der Geologie Band II; 400 S., Stuttgart.

EBERLE, G (1975): Pflanzen am Mittelmeer. Frankfurt

GREUTER, W. (1970): Paläogeographie und Florengeschichte der Südägäis.- Feddes Repert. 81: 233-242.

GREUTER, W. (1975): Die Insel Kreta - Eine geobotanische Skizze.- Veröff. Geob. Inst. ETH Stiftung Rübel Zürich 55: 141-197.

HORVAT, I, GLAVAC, V & ELLENBERG, H. (1974): Vegetation Südosteuropas. Stuttgart. 752 S.

KOHN, C & LEIBISCH, C. (1990): Oberseminarreferat: Klima- und Vegetationsgeschichte des Mittelmeergebietes seit dem tertiär.- Universität Trier

LANG, G (1979): Florengeschichte und mediterran-mitteleuropäische Florenbeziehungen. Feddes Rep. 315-335.

MÜLLER-HOHENSTEIN, K. (1973): Die anthropogene Beeinflussung der Wälder im westlichen Mittelmeerraum.- In Erdkunde, 27, S.55-68. Bonn.

PIGNATTI, S. (1978): Evolutionary trends in Mediterranean flora and vegetaion. Vegetatio 37, 175-185.

PIGNATTI, E. & PIGNATTI, S. (1984): Sekundäre Vegetation und floristische Vielfalt im Mittelmeerraum. In: Phytocoenologic Journals of the Int. Society for Veget. Science. Vol. 12. S. 351-358.

SCHMELZER, C. & BERNSDORF, B. (1987): Oberseminarreferat: Klima- und Vegetationsgeschichte seit dem Tertiär und ihre Auswirkungen auf die heutige Mediterranflora. Universität Trier.

STRAßBURGER, E. (1983): Lehrbuch der Botanik. Stuttgart. New York.

SUC, J.-P. (1984): Origin and evolution of the Mediterranean vegetation and climate in Europe. Nature, vol. 307, no. 5950: 429-432.

TURNER, J. & GREIG, J.R.A. (1975): Some Holocene pollendiagrams from Greece. Rewiew of palaeobotany and palynology 20, 171-204.

VAN DEN HAMMEN, T. (1965): Palynological study of a very thick peat section on Greece and the würm-glacial vegetation in the Mediterranean region. Geologie en Mijnbouw 27, 37-39.

RAVEN, P.H. (1973): The evolution of mediterranean Floras. In: Di Castri, F. & Mooney, H.A. (ed.), 213-224



Inhalt und Design by Andrea
September 2002
Diese Seite ist Teil eines Framesets - www.amleto.de -