Die Rolle des Feuers und der Beweidung als vegetationsbestimmender Faktor

Monika Steevens

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Einleitung

Die Vegetation wie wir sie heute vorfinden wurde stark vom Menschen und dessen Haustieren geprägt. Ein Beispiel dafür sind die alten Kulturlandschaften des Mittelmeergebietes, dessen ursprünglich natürlichen Vegetationsverhältnisse völlig verändert wurden. Mit Hilfe pollenanalytischer, boden- und vegetationskundlicher Analysen wurde herausgefunden, daß im Mittelmeerraum großflächig lichte Hartlaubwälder vorgeherrscht haben, die sich in Anpassung an Gesteinsunterlage, Boden und Klima in eine Vielzahl von Gesellschaften und Varianten aufgliedern lassen (MEURER 1986). Deren Areale wurden durch die bis weit in vorrömische Zeit zurückreichende, intensive Nutzung gravierend reduziert (MEURER 1986). Schon früh nutzte man das Feuer um gewisse Vegetationstypen (Wiese, Steppe) auf Kosten anderer (Urwald) zu fördern. Sowohl der rege Handel (Schiffbau) als auch der verstärkte Ackerbau und die intensive Viehzucht, führt in der Vergangenheit zu gewaltigen Vegetationsveränderungen. Erschreckend ist die auch heute noch anhaltende starke Bevölkerungszunahme, denn mit dieser schreitet auch die Umgestaltung der Vegetationsdecke in beunruhigendem Maße fort. Aber nicht nur die Änderung der Vegetation ist von Bedeutung; starke Bodenerosionserscheinungen mit anschließender Verkarstung und Verödung sind weitere Folgen des anthropo-zoogenen Einflusses. Heutige land- und forstwirtschaftliche Maßnahmen bemühen sich jedoch darum einigen dieser Zerstörungen entgegenzuwirken.

Die Rolle des Feuers

Wald-, Busch- und Weidebrände in Griechenland

Im allgemeinen vernichten die Brände in Griechenland jährlich 0,27% der Waldfläche und 0,21% der Weidefläche.
Mittelwerte der Brandhäufigkeit in dem Zeitraum von 1964 bis 1983 zeigen, daß sich jährlich etwa 770 Wald-, Busch- und Grasbrände auf 25.000 ha ereignen. 290 davon sind Waldbrände, die über 6.900 ha Wald vernichten, und 477 Brände erfassen mehr als 13.600 ha Busch- und Grasvegetation. (KAILIDIS u. MARKALAS 1989, S.96)
Die Ursachen der Wald-, Busch- und Grasbrände sin in Tabelle 1 zusammengestellt. Auffällig ist, daß 74% der Brände durch Brandstiftung und Fahrlässigkeit hervorgerufen werden, aber nur 2,2% auf natürliche Ursachen, nämlich Blitzschlag beruhen.
Tabelle 2 zeigt die Aufteilung der Brände in verschiedene Flächenklassen. Erstaunlich dabei ist, daß zum Beispiel bei sehr kleinen Bränden, die mit einer Häufigkeit von 54,2% in Bezug auf alle gezählten Brände auftreten, nur eine relativ kleine Fläche von 0,7% der insgesamt durch Brände vernichteten Flächen, zerstört wird.
Sehr große Brände, deren Anteil an den insgesamt auftretenden Bränden 0,5% beträgt, zerstören dagegen insgesamt 43,4% der von den Bränden betroffenen Flächen (KAILIDIS u. MARKALAS 1989, S.96).

Gründe für die häufigen Waldbrände

Die Sommer, sowie die erste Hälfte der herbstes sind in den mediterranen Gebieten im allgemeinen sehr trocken. Stark brandgefährdet sind Flächen, die mit Gräsern und immergrünem Laubgebüsch bedeckt sind. Bereits ab Mitte Mai beginnen verschiedene Gräser zu trocknen und bieten so einen idealen Angriffspunkt für das Feuer. Die gefährdeten Holzarten sind die Aleppo- und Brutiakiefern, wohingegen die laubabwerfenden Eichen, die Schwarzkiefer,die Tanne, die Buche und die Gemeine Kiefer weniger von Waldbränden bedroht sind.
Die Entstehung von Großfeuern wird neben der trocken-heißen Witterung vom Wind begünstigt. Gerade während der Sommermonate wird Griechenland von Winden (meist Nordwinden) mit einer Geschwindigkeit über 15-20 km/h heimgesucht. Bei solchen Windstärken läuft ein Feuer 2-2,5 km/h, überquert leicht 20-30 m breite Feuerschutzstreifen und kann nicht bekämpft werden, solange der Wind nicht nachläßt. In den letzten Jahren traten mehrere solche Waldgroßbrände auf und entwickelten sich zu Brandkatastrophen, die bis zu 11.500 ha erfaßten (KAILIDIS u. MARKALAS 1989, S.97).

Grund- und Kronenfeuer

Man kann bei Waldbränden zwischen Grund- und Kronenfeuer unterscheiden. Die Grundfeuer treten in den trockenen Lockerwäldern und Savannen am häufigsten auf. Es handelt sich dabei um ein rasch durchziehendes Feuer, mit Temperaturen um 70-100°C in der Streu- und Bodenschicht, in einer Höhe von etwa 0,5-1 m erreicht die Temperatur kaum mehr als 500°C. Die Überdauerungsorgane einiger feuerresistenter Gehölze und Krautpflanzen werden dabei kaum beschädigt.
Weitaus zerstörender wirken die Kronenfeuer. Sie bringen Temperaturen bis über 1000°C mit sich und vernichten damit alle Holzgewächse (STRASSBURGER 1978, S.922).

Anpassung der Pflanzen an das Feuer

Der Begriff der Pyrophyten wurde von KUHNHOLZ-LORDAT (1938) geprägt und gilt für Pflanzen, deren Verbreitung, Vervielfältigung oder Reproduktion durch Feuer gefördert wird oder die Feuer aufgrund verschiedener Mechanismen überstehen können. Sie dürfen nicht mit Ruderalpflanzen verwechselt werden, die Flächen nach einem Brand besiedeln. Bei diesen handelt es sich oft um einjährige Stickstoffzeiger, die zwar Auswirkungen von Feuer auf den Boden erkennen lassen, jesoch nur indirekt durch das Feuer gefördert werden (Anreicherung des Bodens mit Nährstoffen wie Stickstoff, Phosphor, Magnesium, Kalzium, Soda; Mineralisation der organischen Substanz im Boden).
Nach LE HOUEROU (1981) lassen sich verschiedene Pyrophytentypen unterscheiden:
I: Passive Pyrophyten:
Sie überstehen Feuer passiv durch unterschiedliche Schutzmechanismen gegenüber der Hitzeeinwirkung. Hier sind zu nennen:
1. Schutz vor Schädigung des Kambiums durch Ausbildung einer dicken Borke, die bei schnell laufenden "kalten" Grundfeuern einen kurzfristigen Hitzeschutz darstellt. Beispiele: Quercus suber
2. Schutz durch schlechte Entflammbarkeit bzw. geringe Anfälligkeit gegenüber Entzünden aufgrund eines hohen Anteils mineralischer Elemente im Holzkörper, wie z.B. bei Tamarix spp., Atriplex spp. und sogar einigen laubwerfenden Eichen oder durch Ausbildung eines sehr harten Holzes (Taxus und Buxus).
3. Schutz durch unterirdische Regenerations- oder Reserveorgane (Zwiebeln, Knollen, Rhizome), die das Feuer unbeschadet überstehen und danach ein Austreiben zuverlässig gewährleisten. Hierzu gehören die meisten Geophyten. Beispiele: Pteridium aquilinum, Asphodelus cerasiferus, Ohris spp., Brachypodium ramosum, Oryzopsis miliaceae (Mittlerer Osten).
Für diese Lebensformen spielt der Zeitpunkt des Feuers in der Regel keine Rolle.
II: Aktive Pyrophyten:
Bei den aktiven Pyrophyten wird das vegetative Wachstum durch Feuer stimuliert. Quercus coccifera z.B. bildet Wurzelschößlinge und neue Triebe sowohl aus der Wurzel als auch aus der Stammbasis. Arbutus unedo, Buxus sempervirens, Erica arborea, E. multiflora, Juniperus phoenicea, Phillyrea media und Tetraclinis articlata bilden Schößlinge aus einem unterirdischen Wurzelstock aber keine Wurzelschößlinge.
III: Aktive Pyrophyten, deren Samenverbreitung durch Feuer gefördert wird:
Zu dieser Gruppe gehören die Kiefern, insbesondere Pinus halepensis. Die Zapfen platzen im Feuer auf und die Samen werden mehrere Meter weit weggeschleudert. Dadurch können einige Samen dem Feuer entgehen. Gleichzeitig steigt die Keimrate, da die Samenruhe durch die Hitzeeinwirkung gebrochen wird. Letzteres trifft auch auf viele Zistrosenarten zu, wie z.B. Cistus albidus, C. crispus, C. ladaniferus, C. laurifolius, C. libanotis, C. parviflorus, C. salviifoius, C. sericeus, C. villosus und Halimium halimifolium. MARGARIS (1981, S.313) führt ein Beispiel für die Zunahme der Keimfähigkeit von Zistrosenarten nach einem Brand in Griechenland an. Unter normalen Bedingungen keimen die Zistrosen im Herbst mit einer Häufigkeit von 10-20 Keimlingen pro m². Nach einem Feuer stieg die Zahl der Keimlinge auf 300-400 Keimlinge pro m² an. Eine Förderung der Keimung durch Feuer kann auf zweifache Art und weise geschehen. Zunächst wirkt das Feuer mechanisch, indem es die Samenschale aufbricht. Unter Laborbedingungen wurde die Keimrate verschiedener Zistrosenarten nach künstlicher Zerstörung der Samenschale von 5% auf 95% gesteigert. Zu dieser Gruppe müssen alle Arten mit einer harten Samenschale gehören, die für Wasser undurchlässig ist. Eine zweite Möglichkeit ist die Inaktivierung von temperaturempfindlichen Hemmstoffen, die im Boden vorhanden sind und entweder bei der Streuzersetzung freigesetzt oder aus den Blättern ausgewaschen werden. Eine dritte, indirekte Möglichkeit ist die Erhöhung des Verhältnisses von roter zu infraroter Strahlung durch Entfernung des Laubdaches nach einem Brand. Es wird allgemein angenommen, daß bei der Reaktion von Samen auf Licht ein Phytochromsystem eine Rolle spielt, dessen Zustand von dem Energieverhältnis von roter zu infraroter Strahlung (ungefähr 660 und 730 nm) abhängt. Es ist bekannt, daß Blätter nur etwa 10% der Strahlung der Wellenlänge von 660 nm, die auf ihre Blattoberfläche auftrifft, durchläßt (der Rest wird absorbiert), während sie ungefähr 50% der Strahlung der Wellenlänge von 730 nm (MONTEITH 1965) durchlassen. Aus diesem Grund ist das Verhältnis von roter zu infraroter Strahlung unter einem Blätterdach beträchtlich erniedrigt. Je geringer das Verhältnis ist, desto niedriger ist der Anteil das aktiven Form des Phytochroms in gequollenen Samen und desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit einer Keimung. Die Entfernung des Blätterdaches durch ein Feuer kann daher indirekt zu einer höheren Keimrate führen, in dem das Verhältnis von roter zu infraroter Strahlung erhöht wird.

Die Regenerationsfähigkeit der Vegetationsdecke

Die Brände im allgemeinen werden in mediterranen Gehölzen, Zwergstrauchheiden und Triften als wichtiger landschaftsdegradierender Faktor angesehen, obgleich die Vegetation als mehr oder weniger feueradaptiert gelten kann. Dies beruht insbesondere auf der zerstörenden Kombination von wiederholtem Abbrennen, Beweiden und Abholzen, so daß generell die Degenerationsfolge
Hartlaubwald - Macchie - Garrigue - Trockenrasen - Felstrift
als Prozeß festzustellen ist, dazu Abbildung 1.
Aufgrund einer Reihe von Beobachtungen in verschiedenen Vegetationsbeständen Griechenlands, Südfrankreichs und Spaniens kann man sagen, daß sich die Vegetationsdecke innerhalb weniger Jahre wieder regeneriert und wieder Werte annimmt, die dem Zustand vor dem Brand entsprechen. Die regeneration der Vegetationsstruktur jedoch nimmt einen längeren Zeitraum von einem bis mehreren Jahrzehnten in Anspruch (M. ARIANOUTOU - FARAG-GITAKI (Griechenland) und MAY (Spanien).
Um den Rahmen dieses Referates nicht zu sprengen, werde ich mich auf die Beobachtungen in Griechenland stützen und die Ergebnisse einer Untersuchung über die Sukzession in einer Phrygana bei Attika nach einem Brand schildern. Über einen Zeitraum von fünf Jahren wurde die oberirdische Biomasse in 10 zufällig ausgewählten 1m² großen Quadraten bestimmt in dem diese jedes Jahr nach Ende das Vegetationsperiode geerntet wurde.
Unter den holzigen Arten dominierten vor dem Brand:
Phlomis fruticosa
Euphorbia acanthothamnos
Sarcopoterium spinosum
Cistus spp.
Thymus capitatus.
Sie bildeten eine oberirdische Biomasse von etwa 1.000 g/m².
P. fruticosa, E. acanthothamnos und S. spinosum regenerierten sich mit Hilfe schlafender Knospen im Kronenbereich, während C. incanus und T. capitatus nach dem Brand nicht mehr austrieben. Andere Arten wie zum Beispiel Teucrium polium, Phagnalon graecum und Helianthemum numularium regenerierten sich ziemlich erfolgreich durch erneutes Austreiben.
Bei S. spinosum fand zusätzlich eine Regeneration durch eine Stimulation der Samenkeimung statt. Diese beiden Möglichkeiten der Regeneration haben zur Folge, daß S. spinosum durch Brand gegenüber den anderen Arten gefördert wird (Tabelle 3 und Tabelle 4).
Auf Rodopos auf Kreta, wo es erst von 10-15 Jahren vor der Untersuchung gebrannt hat, ist Sarcopoterium spinosum mit 27% die dominante Art. Für Cistus incanus ist die Regeneration durch Samenkeimung der einzige Weg zu überleben. Das Feuer begünstigt die Keimung dieser Art sehr stark.
Die Ergebnisse der Messungen der oberirdischen Biomasse von 1977 bis 1983 sind in Abbildung 2 dargestellt. es hat sich gezeigt, daß das System innerhalb dieser 6 ½ Jahre nach dem Feuer bereits wieder die Hälfte der Biomasse, die es vor dem Feuer besaß, erreicht hatte. Die relativen prozentualen Anteile der holzigen und krautigen Arten an der gesamten Biomasse sind in Tabelle 3 dargestellt. Man erkennt sehr deutlich, daß im ersten Jahr nach dem Feuer die Biomasse der krautigen Pflanzen mit 84% sehr viel höher liegt als die Biomasse der holzigen Vegetation, die nur einen Anteil von 16% erreicht. Nach dem ersten Jahr nimmt die Biomasse der krautigen Vegetation jedoch ab und erreicht nach 7 Jahren nur noch einen Prozentsatz von 8%, während die Biomasse der holzigen Pflanzen nach dem ersten Jahr nach dem Feuer ständig zunimmt und nach 7 Jahren bereits einen Anteil von 92% erreicht hat. Es wird also deutlich, daß die Sukzession nach dem Feuer von Kräutern eingeleitet wird, die dann jedoch allmählich verschwinden bis sich eine Situation eingestellt hat, die mehr oder weniger dem Zustand entspricht, der vor dem Brand bestand.
Ein Vergleich der gebrannten und nicht gebrannten Fläche am Ende des Untersuchungszeitraumes in Bezug auf die prozentuale Deckung (Tabelle 4) zeigt, daß Sarcopoterium spinosum auf der gebrannten Fläche einen hohen Deckungsgrad aufweist. Aber auch die Arten Cistus incanus und Helianthemum numularium scheinen durch Brand gefördert worden zu sein. nach 7 Jahren ist ihre prozentuale Deckung auf der gebrannten Fläche 4-5 mal so hoch wie auf der Fläche, die nicht gebrannt hat. Drei andere der ehemals dominanten Arten (Euphorbia acanthothamnos, Phlomis fruticosa, Thymus capitatus) scheinen dagegen nach dem Brand sehr viel geringere Deckungsgrade zu besitzen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt dieser Untersuchung ist die Feststellung, daß der nackte Bodenanteil mit 37% nach dem Brand geringer war als vor dem Feuer, wo er einen Anteil von 37% ausmachte. Hierdurch wird gerade die Gefahr der Erosion natürlich herabgesetzt. Für den Fall, daß dieses Ergebnis auch für andere Phrygana-Ökosysteme gültig ist, bedeutet das, daß die Gefahr einer Denudation der Bodendecke nach einem Feuer weniger gering ist, als allgemein angenommen wird; vorausgesetzt natürlich, daß die gebrannten Flächen vor Eingriffen des Menschen, wie z.B. Beweidung geschützt werden.
Erstaunlich ist, daß, obwohl sich die Artenzusammensetzung relativ verändert hat - einige Arten wurden zurückgedrängt während andere Arten plötzlich dominierter - die gesamte, grüne photosynthetisch aktive Biomasse ungefähr gleich geblieben ist (Tabelle 6). Wenn man bedenkt, daß die oberirdische Biomasse nach dem Feuer nach dem Feuer nur halb so groß ist wie vor dem Feuer, ist dies doch sehr verwunderlich. Dies bedeutet, daß sich das Ökosystem dadurch relativ gut erholt, daß es diese funktionierenden Strukturen, die den ersten Schritt in Richtung eines raschen Erholungsprozesses darstellen, in demselben Ausmaß besitzt wie vor dem Brand.
ARIANOUTSOU-FRAGGITAKI (1984) zieht aus ihren Untersuchungen den Schluß, daß die Sukzession in einer Phrygana nach einem Feuer ein dynamischer Prozeß ist, der in einem mehr oder weniger stabilen Zustand mündet und als Klimax- oder Feuer-Klimax-Zustand charakterisiert werden kann.

Die Beweidung und ihre Folgen

Gründe der Überweidung

Der Mittelmeerraum ist über einen Zeitraum von 6000 Jahren die Wiege zahlreicher Zivilisationen gewesen. Die intensive Nutzung dieses Raumes durch den Menschen ist nicht nur auf die geographische Lage sondern auch auf die ökologischen Bedingungen dieses Raumes zurückzuführen. Der milde Mittelmeerklima scheint damals wie heute die Menschen angelockt zu haben. Die hohe Bevölkerungskonzentration im Mittelmeerraum führte unter anderem zur Zerstörung der Vegetationsdecke. Im Gegensatz zu den gemäßigten Zonen ist der Boden im Mittelmeerraum im Winter in der Regel nicht schneebedeckt, so daß die Tiere das ganze Jahr über zum Grasen auf den Flächen gelassen werden. Dies wird als ein wesentlicher Grund für die Überweidung in den Mittelmeerländern betrachtet (LE HOUREOU 1977).
Im Mittelmeerraum ist die Stallhaltung und damit das Füttern des Viehs noch relativ selten, da es unter der Würde des Menschen liegt, das Vieh zu füttern. Jedoch wird die Viehstallhaltung verstärkt auch in diesem Bereich eingeführt.
Ein weiterer Aspekt ist die Größe der Herde, denn gerade im südlichen und östlichen Mittelmeerraum ist die Kopfzahl der Herde ein Maß für den Reichtum des Besitzers.

Beweidung und ihre Auswirkung auf die Vegetation

Im allgemeinen läßt ich sagen, daß die Beweidung der natürlichen Vegetationsentwicklung ganz und gar entgegenwirkt, denn die Beweidung verlangsamt oder verhindert sogar die Einstellung und Ausbreitung der klimatischen Schlußgesellschaft und führt damit zu Störungen, im Extremfall sogar zur Vernichtung der Vegetationsdecke. Gründe dafür sind zunächst der Entzug großer Mengen von Pflanzensubstanz, sowie die mechanische Schädigung der Pflanzen durch Fraß, Benagen, Scheuern und Huftritt. Auch die Artenauslese durch die Weidetiere spielt eine große Rolle und letztlich sei noch die Verdrängung düngerfliehender Arten zu nennen.

Selektion durch Fraß
Anhand mehrerer Beobachtungen und Versuchsergebnisse läßt sich eine eindeutige Selektivität im Freßverhalten der Tiere feststellen. Allgemein ist eine Pflanzenart um so stärker dem Fraß ausgesetzt, je mehr Wachstumsorgane - junge Sprosse, Knospen, Samen und manchmal auch Blüten - sie hat. Es läßt sich aber auch sagen, daß solche Pflanzen mit viel Festigungsgewebe (Hartlaubgewächse) oder Dornen, oder solche, die aufgrund von Gift- oder Gerbstoffen weniger schmackhaft sind, meist von den Tieren gemieden werden. Aber man fand auch, vor allem wenn das Nahrungsangebot knapp wurde, Verbißschäden an solchen Arten. Die Rinder und Schafe sind in ihrer Pflanzenaufnahme viel wählerischer als die Ziege. Die beiden erstgenannten ernähren sich hauptsächlich von Gräsern und Kräutern, während die Ziege vorwiegend an Büschen frißt. Die Ziegen beziehen ihre Nahrung demnach größtenteils aus Macchie und Garigue. MEURER 1986 (S.400) schreibt hierzu:
"Diese extrem genügsamen, anpassungs- und widerstandsfähigen Nutztiere sind dank ihres speziellen Verdauungssystems in der Lage, die derben sklerophyllen Blätter der mediterranen Sträucher und selbst Lignin aufzuschließen."
Insgesamt gesehen bedeutet dies, daß damit die Ziege der Vegetation am wenigsten schadet und somit eine relativ hohe Anzahl von Tieren ein Stück Land beweiden kann. das heiß aber nicht, daß die Zeige der Vegetation nicht schadet, denn
" Denn die Ziegen wählen bewußt die schmackhaftesten und nährstoffreichsten Pflanzenteile aus, ... Gerade bei den Sträuchern sind dies im Frühjahr bevorzugt frische Triebe, die dadurch erheblich geschädigt werden (MEUER 1985, S.171-172)".
Aber auch in anderen Hinsichten wirken die Ziegen sehr vegetationszerstörend. Denn sie fressen nahezu alles was grün ist einschließlich Blätter von Bäumen und Büschen, ja sogar kleine Zweige und Rinde.

Mechanische Schädigung
Als wohl wichtigster zerstörender Faktor ist der Viehtritt zu nennen. Dabei kommt es zu starken Schäden an den Pflanzen durch Zertreten und Abbrechen von Pflanzenteilen. Oftmals werden sogar unterirdische Pflanzenteile zerstört oder beschädigt, was vor allem bei aufgeweichten Böden häufig geschieht.
Manche Autoren vertreten die Ansicht, daß die Ziegen aufgrund ihrer Vielseitigkeit in der Futteraufnahme einen Schutz für die vegetation darstellen. Dem entgegen stehen jedoch Aussagen über die großen Zerstörungen der Vegetation, die durch das Aufrichten der Ziege an Bäumen und Sträuchern zur Futteraufnahme noch verstärkt wird. Zu erwähnen sei auch, daß sie zum Teil die Pflanzenwurzeln ausgräbt.

Weitere Faktoren
Ein weiterer Aspekt ist die Düngung durch Tierlosung. Durch den großen Entzug von Pflanzensubstanz durch das Vieh kommt es zu einer Nährstoffverarmung der Böden. Teilweise werden den Böden durch die Tierlosung wieder Nährstoffe zugeführt. Wenn die Tiere jedoch zu gewissen Stunden am Tag an bestimmten Lagerstellen gehalten werden, kommt es zu einer Verschiebung zwischen dem Nährstoffentzug und der Nährstoffrückführung. Dies führt dazu, daß in den Bereichen der Lagerstellen die weniger begehrten Pflanzen (stickstoffliebende Arten), die sogenannten Weideunkräuter verstärkt aufkommen.

Die Verstärkung des Trockenstresses bei den Pflanzen durch das Vieh

Der große sommerliche Trockenstreß der Pflanzen bei hohen Luft- und Bodentemperaturen wird durch die Beschädigung der Tiere an den Pflanzen noch verstärkt. Die mediterranen Holzgewächse sind durch verschiedene Schutzeinrichtungen an die hochsommerlichen Bedingungen bestens angepasst. Die Funktionstüchtigkeit dieser Überlebensstrategie wird durch starken Weidedruck aber erheblich beeinträchtigt, da durch Verbißschäden der Transpirationsschutz der Blätter verringert bzw. aufgehoben wird. Bei fehlender oder nur geringer Wassernachfuhr kann der Wasserhaushalt der Pflanze kollabieren (MEURER 1985, S.173).

Selektive Fraßwirkung

Durch die Bevorzugung bestimmter Pflanzen kommt es zu einer Ausselektionierung der bevorzugten Futterpflanzen. Die selektive Fraßwirkung führt somit mittel- und langfristig zu einer Verschiebung des floristischen Spektrums zu einer Trivialisierung der Pflanzendecke.

Beliebte Sträucher sind zum Beispiel:
Quercus coccifera,
Calicotme villosa,
Genista aspalothoides,
Cistus monspeliensis,
Myrtus communis
und vor allem die Baumheide
Erica arborea.
Andere bevorzugte Futterpflanzen die sehr schnell ausselektiert werden sind zum Beispiel:
Coronilla juncea,
Lonicera implexa,
Simlax aspera.
Die Ziegen zeigen vor allem eine Vorliebe für Früchte und Samen, wie die Schoten der Leguminosen, Eicheln und auch die Blüten und Früchte von Pistacia lentiscus.
Diese Aussagen stützen sich auf MEURER 1985, S.173, der die ökologischen und ökonomischen Aspekte der Ziegenhaltung in NW-Tunesien untersuchte.

Forst und Viehzucht in Griechenland

Die Wald- und Weidenutzung sind in Griechenland aufgrund der geringen Waldanteile eng miteinander verknüpft. Der heute geringe Waldanteil ist besonders in den Bergregionen auch auf die intensive Beweidung früherer Wälder zurückzuführen. Diese ehemaligen Waldflächen werden seit kurzem durch Almwirtschaftsprogramme vermehrt der Viehzucht zugeführt, die Waldweide aus den verbliebenen Hochwäldern dagegen verdrängt. Die staatliche Forstverwaltung hat hier eine zentrale funktion, da ihr die Obhut auch über die ehemaligen, heute degradierten Waldflächen übertragen wurde. Der griechische Staat übernahm die "Weiderechte", die durch unkontrolliertes Abholzen, Waldweide und Waldbrände zur Reduzierung beziehungsweise zur Zerstörung der Waldbestände geführt haben, und versucht seit etwa 60 Jahren diese rechte in den hochgelegenen Wäldern abzuschaffen.
Jedoch hat man inzwischen erkannt, daß das Vieh auch eine positive Rolle bei der Abwendung von Waldbränden spielt.
"Vor allem in den Aleppo- und Hartkiefernbeständen wird das am Boden liegende brennbare Trockenmaterial stark reduziert. Das Vieh trägt ferner zum beschleunigten Umsatz der Nährstoffe bei (AFZ Griechenland 1989, S.99)".
Die Almwirtschaft, die bereits angesprochen wurde, wurde in den 50er Jahren vom Forstdienst eingeführt. Ziel dieser Programme waren die Struktur- und Zustandsverbesserungen der mit Gras- und Strauchvegetation bedeckten ehemaligen Waldfläche um diese der Viehzucht zugänglich zu machen und damit eine Entlastung der Waldbeweidung herbeizuführen.

Schlußwort

Es wir also ersichtlich, daß auf Grund einer falschen Nutzung die Vegetation sowohl durch das Feuer als auch durch due Beweidung zerstört wird. Dies bringt jedoch nicht nur Schäden für die Bodenbedeckung mit sich. Auch die Erosion wird in diesem Zusammenhang stark begünstigt. Gerade im Winter liegen die Bodenabtragswerte sehr hoch, da die Erosion durch den winterlichen Starkregen begünstigt wird. Dies wirkt sich natürlich negativ auf die Bodenentwicklung aus. Die verstärkte Abtragung der feinen Bodenteilchen durch Wind und Wasser vermindert das Wasserhaltevermögen der Böden und führt zu einer Beeinträchtigung des Nährstoffkreislaufes, was zu einem Rückgang des Humusgehaltes des Bodens beiträgt.
Diesen Erscheinungen entgegenzuwirken ist äußerst schwierig, was nicht unbedingt an fehlenden Verbesserungsvorschlägen liegen mag. Es ist aus verschiedenen Gründen, die teilweise auch angesprochen wurden, nur oft nicht möglich, die Ideen zu einer Verbesserung in die Tat umzusetzen. Oft ist dazu eine staatliche Maßnahme, meist in Form eines Gesetzes von Nöten. Zum anderen wird es wohl einige Jahre oder besser gesagt Jahrzehnte in Anspruch nehmen, bis die erfolgte Zerstörung wieder behoben sein wird.

Literaturliste

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MEURER, M. (1985): Ökologische und ökonomische Aspekte der Ziegenhaltung in Nordtunesien. Geographische Zeitschrift 73, S.162-183.

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September 2002
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