Tagesprotokoll vom 4.6.1992 - Akrotiri-Halbinsel

Gudrun Ritter und Christian Klein

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Phrygana und Endemiten

Die Akrotiri-Halbinsel liegt östlich von Chania. Die Halbinsel besteht aus Dolomiten, Kalken und Marmor aus der Tripali-Einheit. Ihr Alter beträgt 200-174 Millionen Jahre.

Der Ausgangspunkt der Wanderung befindet sich beim Kloster Gouverneto. Das Kloster liegt 440 Meter hoch in den Bergen und wurde 1548 erbaut. Seinen Ruhm verdankt es hauptsächlich dem Eremiten Johannes,, der in der Schlucht unterhalb des heutigen Klosters in einer Höhle lebte und sich nur von Kräutern und Wurzeln ernährte. Eines Tages wurde der Heilige beim Sammeln von Kräutern von einem Jäger erschossen, der den nur mit einem härenen Gewand bekleideten Eremiten für ein wildes Tier gehalten hatte. Vom Kloster Gouverneto führt ein Weg zur Bärenhöhle. Ihren Namen verdankt sie einem mächtigen Stalagniten im Inneren, der einem Bären ähnelt. Stickstoffzeiger, wie Urtica pilulifera (Pillen-Brennessel) und Urtica dubia (Geschwänzte Brennessel) im Eingangsbereich der Höhle deuten auf den starken Besucherstrom hin, der jedes Jahr zu dieser Touristenattraktion führt. In den Felsritzen an der Höhle wachsen typische Vertreter der Chasmophytenvegetation wie Scutellaria hirta (Endemit). Teucrium divaricatum ist dagegen auf Kreta nicht als typischer Vertreter der Felsspaltenvegetation anzusehen, da es auch in Felstriften vorkommt.
Thema während des ersten Teiles der Wanderung ist die Phrygana. Dies ist eine durch Degradation der natürlichen Vegetation entstandene Kleinstrauchgesellschaft. Die natürlich vorkommende Waldvegetation wurde durch frühe Abholzung während der Antike zerstört und eine Regeneration durch die wohl seit Jahrtausenden andauernde menschliche Einwirkung wie Abbrennen und Beweidung verhindert.

Der Begriff Phrygana wurde wurde in die geobotanische Literatur durch HELDREICH (1878) eingeführt. Eigentlich waren Namen wie Phrygana, Macchia, Heide usw. Rechtsbegriffe. Sie bezeichneten die Allmende, d.h. das Weideland außerhalb des Privatbesitzes, der durch Mauern, Hecken oder Zäune gegen den Zutritt der Viehherden geschützt werden mußte. Ursprünglich meinen alle diese Begriffe keine bestimmten Vegetationsformen und können sowohl Grasland als auch steinige oder sandige Triften, Zwerggesträuch, Gebüsche, lichte Wälder oder andere Pflanzengruppierungen mitumfassen. (HORVAT et al. 1974)
Pflanzensoziologisch definiert man den Begriff Phrygana nach HORVAT et al (1974) am besten als Gesellschaftsklasse der östlichen Cistrosen-Zwergstrauchheiden (Cisto-Micromerietea Oberdorfer 54). Floristisch unterscheidet sich die Phrygana von den verwandten Formationen durch das hervortreten von ostmediterranen und das Zurücktreten von westmediterranen Arten (HORVAT et al.). Typisch für die Phrygana ist ein saisonaler Dimorphismus (PSARAS et al 1984). Der provencalische Ausdruck "Garigue", der sich auf eine steinige und mit sehr niedrigen, immergrünen Gebüschen locker besetzte Gegend in der Provence bezieht, wird für die im Sommer weniger ausdörrende, vorwiegend immergrüne Zwergstrauch- und Strauchformationen des westlichen Mediterrangebietes verwendet.
Charakteristisch für die Physiognomie der Phrygana ist das Vorherrschen von xeromorphen Zwergsträuchern mit halbkugeligem oder fast kugeligem Wuchs. Allerdings ist die Halbkugelform vieler Sträucher der Phrygana nicht ihre natürliche Wuchsform, sondern eine Folge des Viehverbisses. Durch die starke Beweidung werden die Blätter, weichen Blüten und jungen Triebe in der Regel sofort von Schafen und Ziegen abgefressen. Somit bildet sich der für die Phrygana typische kugel- oder halbkugelförmige Wuchs der Zwergsträucher aus. Verbreitet sind Pflanzen mit kleinen, hartlaubigen und stacheligen Blättern. Die Sprosse sind oft verholzt und stark bedornt. Zum Schutz gegen Verbiß enthalten viele Arten stark riechende, ätherische Öle. Viele krautige Pflanzen wachsen im Schutz dorniger Sträucher.
Eine weitere Folge der Überweidung sind neben Krüppelwuchs aufgrund des Verbisses der jungen, zarten Sprosse ein sehr lückiger Bestand der Vegetation.

Die von uns untersuchte Phrygana war sehr lückig. Aufgrund der fortgeschrittenen Jahreszeit waren bereits viele Kräuter vertrocknet, so daß Sträucher und Halbsträucher vorherrschten. Der vorherrschende Bodentyp ist eine flachgründige Rendzina.

Pflanzenliste:

Strauchschicht:


Olea europaea

Oleaceae

Ceratonia siliqua

Fabaceae

Pistacia lentiscus

Anacardiaceae

Cistus incanus subsp. creticus

Cistaceae

Genista acanthoclada

Fabaceae

Rhamnus oleoides

Rhamnaceae

Calicotome spinosa

Fabaceae

Phlomis fruticosus

Lamiaceae

Sarcopoterium spinosum

Rosaceae

Thymus capitatus

Lamiaceae

Teucrium microphyllum

Lamiaceae

Prasium majus

Lamiaceae

Phagnalon graecum

Asteraceae

Kräuter:


Ballota acetabulosa

Lamiaceae

Valantia hispida

Rubiaceae

Biscutella didyma

Brassicaceae

Tordylium apulum

Apiaceae

Urginea maritima

Liliaceae

Rhagadiolus stellatus

Asteraceae

Silene colorata

Caryophyllaceae

Galactites tomentosa

Asteraceae

Bryonia cretica

Cucurbitaceae

Ricotia cretica

Cruciferae

Dracunculus vulgaris

Araceae

Gräser:


Briza maxima

Poaceae

Lagurus ovatus

Poaceae

Melica minuta

Poaceae

Aegilops geniculata

Poaceae



Von der Bärenhöhle führt ein aus dem Fels gehauener Weg zum verlassenen Kloster Katholico. Es wurde nach dem Einfall arabischer Piraten im 16. Jahrhundert verlassen, die Mönche übersiedelten ins weiter oben gelegene Gouverneto. An den Mauern des Klosters sowie eines 50 m langen und 15 m breiten Brückenbogens, der 30 m hoch die Schlucht überspannt fanden wir weitere typische Chasmophyten, die z.T. auf Kreta endemisch sind:

Pflanzenliste:

Inula candida

Asteraceae

Ebenus creticus (Endemit)

Fabaceae

Achillea cretica (Endemit)

Asteraceae

Galium fruticosum (Endemit)

Rubiaceae

Galium graecum

Rubiaceae

Asperula incana

Rubiaceae

Rosularia serrata

Crassulaceae

Sedum creticum

Crassulaceae

Umbilicus rupestris

Crassulaceae

Capparis orientalis

Capparaceae

Campanula tubulosa (Endemit)

Campanulaceae

Petromarula pinnata

Campanulaceae

Verbascum arcturus (Endemit)

Scrophulariaceae

Helichrysum orientale

Asteraceae

Ceterach officinarium

Aspleniaceae

Parietaria cretica

Urticaceae

keine strengen Felsspaltenvertreter:


Hypericum empetrifolium

Gutiferae

Teucrium divaricatum

Lamiaceae



Vom Kloster Katholico führt ein Weg durch eine enge Schlucht bis zum Meer. Diese Schluchten stellen ein ideales Gebiet für zahllose Pflanzen, die auf felsigem Untergrund wachsen, dar. An diesen Standorten sind die Pflanzen vor Schädigungen durch Mensch und Tier weitgehend geschützt. Hier wachsen ebenfalls die bereits an den Mauern des Klosters gefundenen Chasmophyten. Am Wegesrand finden wir noch:

Lotus cytisoides

Fabaceae

Trifolium angustifolium

Fabaceae

Cichorium spinosum

Asteraceae

Daucus carota

Umbelliferae

Limonium oleifolium

Plumbaginaceae



Auf dem Rückweg machten wir kurz an dem Kloster Agia Triada halt. Es wurde unter venzianischem Einfluß gebaut. Rechts vor dem Kirchenportal ist ein interessanter Zitrusbaum, der vier Fruchtsorten aufweist: Bitterorange, Orange, Mandarine und Zitrone.



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Oktober 2002
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