Tillandsien Mexiko Exkursion - Tillandsien - Botanik der Tillandsien

zurück zum Inhaltsverzeichnis

Evolution

Die Wiege der Bromelioideae liegt in Ostbrasilien, da hier auch heute die größte Anzahl an Arten vorliegt. Für die Pitcairnioideae und die Tillandsioideae werden die nördlichen Anden als Ausgangspunkt evolutiver Prozesse angenommen. Die Wälder an Berghängen sind lichtdurchfluteter als Tieflandregenwälder, da das Licht auch von der Seite auf die Äste und Zweige trifft. Zudem gibt es hier die für die Entstehung der vielen Arten so wichtige atmosphärische Feuchtigkeit.
Zwischen den Unterfamilien gibt es keine Übergänge, so daß die Beziehungen der Unterfamilien untereinander unklar bleiben. (Benzing 1980)
Unter den vielen Arten der Gattung Tillandsia jedoch gibt es Formen gemäßigter Standorte und Formen trockener Standorte. Während die ersten ausreichen mit Wasser versorgt sind, müssen die anderen taufeuchte Luft als Wasserquelle nutzen. Zwischen diesen mesophytischen und aerophytischen Formen existiert eine ganze Reihe von Zwischenformen, die den unterschiedlichen Grad der Anpassung an die Wasserverhältnisse veranschaulicht und damit evolutive Schritte sichtbar macht. Diese Evolutionsreihe zeigt jedoch nicht die Abstammung der einzelnen Arten voneinander, sondern lediglich die unterschiedlichen Stufen in einer gedachten und rekonstruierten Entwicklung von der mesophytischen zur aerophytischen Lebensweise. Die Spezialisierung innerhalb der Tillandsioideae basiert auf weniger spezialisierten Formen, die der Form nach eher zu den anderen Bromelien weisen, als zu den näher verwandten hochentwickelten Tillandsien. Der Grad der Entwicklung wird an der Ausprägung bestimmter Merkmale deutlich:

- Anlage eines umfangreichen Wasserspeichers in den Geweben unterhalb der Oberhaut (Epidermis) der Blätter, in der besonders ausgeprägten Hypodermis. Damit wird ein jeweils unterschiedlicher Grad der Sukkulenz erreicht, der das Überleben in wasserarmen Gebieten ermöglicht.
- eine Vielzahl von komplexen Saugschuppen und damit der vollständige physiologische Ersatz der Wurzeln durch die Blätter
- Reduktion der Wurzeln bis auf Rudimente im Keimlingsstadium, z.B. bei Tillandsia usneoides
- Verringerung der Blattzahl, z.B. bei Tillandsia usneoides
- Reduktion der Blüten und Früchte pro Pflanze
- Verharren in einem Jugendstadium (Neotenie)

Unter den Bromelien gibt es verschiedene Anpassungsstufen an trockene, nährstoffarme Standorte.
Anpassungsstufen der Bromelien
nach Benzing 1980. Bilder aus Martinus 1840.


Beispiele für die vier Entwicklungsstufen:
Stufe 1 - An trockene Standorte angepaßt sind die meisten Artender Unterfamilie Pitcainioideae: Pitcairnia, Hechtia, Fosterell. Einige Bromelioideae gehören ebenfalls dazu: Orthophytum, Crypthanthus, Bromelia.
Stufe 2 - Überwiegend bodenbewohnend sind noch die Vertreter dieser Stufe: Bromelia, Ananas (Bromelioideae )und einige Pitcairnioideae.
Stufe 3 - Baumaussitzend mit großen Wasserspeichern in Form einer Zisterne sind: die meisten Bromelioideae und viele Tillandsioideae.
Stufe 4 - Atmosphärisch sind ausschließlich Vertreter der Tillandsioideae.

Ein direkter Tillandsien-Vorläufer ist ausgestorben und eine Form, die an ihn zurückweisen könnte, gibt es ebenfalls nicht. Tillandsien repräsentieren die neueste Entwicklungsstufe innerhalb der Unterfamilie Tillandsioideae. Bezüglich der vegetativen Organe stellen die aerophytischen Tillandsien die höchste Entwicklungsstufe innerhalb der Familie der Bromelien dar. Manchmal treten jedoch ursprüngliche Merkmale neben hochentwickelten auf, so daß man voneinander getrennte Entwicklungslinien annehmen kann.
Die Untergattung Allardtia z.B. ist mesophytisch und wächst in feuchten Wäldern. Anoplophytum hingegen ist überwiegend aerophytisch und liebt offene Standorte in Trockengebieten. All anderen Gattungen (außer Vriesea) bewahren die ursprüngliche Gestalt, entwickeln aber hochentwickelte Fortpflanzungsorgane und übertreffen in diesem Punkt die Tillandsien.
Die Spezialisierung im floralen Bereich und die Koevolution mit bestäubenden Tieren stehen unabhängig von Veränderungen der vegetativen Pflanzenorgane. Daran wird deutlich,daß die Organsysteme für die Fortpflanzung und den vegetativen Bereich durch zwei voneinander getrennte Bereiche von Genen kontrolliert werden, die entweder auf einem Chromosom weit entfernt liegen oder sich sogar auf verschiedenen Chromosomen befinden.

Wie konnten sich solch extrem angepaßte Pflanzen entwickeln?

Während der letzte 2 Millionen Jahre unterlag der südamerikanische Kontinent wiederholt Trockenzeiten. Das riesige Ausmaß tropischen Tieflandregenwalds im Amazonasbecken beispielsweise schrumpfte zu wenigen isolierten Inseln zusammen. Die Ausgangsform der Tillandsien, die mesophytische Form wurde demnach auf mehrere kleine Areale zurückgedrängt, die den weitaus größeren Trockengebieten gegenüberstanden. Mit dieser Verinselung sind demnach auch mehrere xerophytische Entwicklungslinien möglich geworden. Die mesophytischen Ausgangsformen mußten bereits über Organe verfügen, die sich entsprechend den Umweltbedingungen weiterentwickeln konnten, so daß letztendlich diese extreme Form innerhalb der weltweit sehr vertreiteten baumaufsitzenden Lebensform entstehen konnte. So haben die mesophytischen Formen bereits absorbierende Haare als Voraussetzung für den Ersatz der Wurzel durch die Blätter. Auf jeden Fall müssen die Vorläufer heutiger Tillandsien bereits an rauhes Leben angepaßt gewesen sein. (nach Benzing 1980)

In trockenen Perioden erscheinen die Trichterbromelien mit ihren weichen Blättern im Nachteil, während die absorbierenden Haare von Vorteil sind. Nur die Zeit bestimmte letztlich das Erscheinen von komplexen kompliziert gebauten Wasseraufnahmeorganen auf der gesamten Blattoberfläche, ausgeprägte Wasserspeicher, die Rückbildung der Wurzel, die Reduktion der Pflanze auf wenige Blätter und einzelne Blüten pro Pflanze.

Tillandsia lucia

Tillandsia lucia

T. secunda

T. secunda

T. fasciculata

T. fasciculata

T. xerographica

T. xerographica

T. plumosa

T. plumosa

T. usneoides

T. usneoides

Eine morphologische Reihe zeigen diese unterschiedlich stark an Trockenheit angepaßten Tillandsien (nach Benzing 1980, Bilder aus Isley 1987 und BOGOS)






nächste Seite - Wuchsform



Inhalt und Design by Andrea
Januar 2002
Diese Seite ist Teil eines Framesets - www.amleto.de -