Namen:
deut.: Tollkirsche, Schafsbinde, Schwindelkirsche,
Waldnachtschatten; frz.: belladone; ital.: belladonna; engl.:
deadly nightshade; span.: belladona Familie: Solanaceae
- Nachtschattengewächse Größe: 50-150
cm Blütezeit: Juni bis August
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Als ich kürzlich bei uns durch den Wald ging, fiel meine
eine Pflanze auf, die man auf alle Fälle kennen sollte. Die
Tollkirsche ist ein Nachtschattengewächs, wie es auch Tomate
und Kartoffel sind. Man findet sie am Waldrand, an Waldwegen,
-lichtungen und -kahlschlägen. Sie mag kalkhaltige und
frische, nährstoffereiche und humose Böden, kommt
zerstreut in Deutschland vor, ist aber im Nordosten selten und
fehlt im Nordwesten. Weltweit betrachtet, kann man sie in West-,
Mittel- und Südeuropa, auf dem Balkan, in Kleinasien, im Iran
und in Nordafrika antreffen. In Skandinavien ist sie
eingebürgert. Warum ist es so wichtig, sie zu kennen? Sie
ist sehr giftig .
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Der
deutsche Name der Tollkirsche rührt von der Ähnlichkeit
der Beeren mit Kirschen her, und von den Erregungszuständen,
die bis zur Raserei und Tobsucht gehen können, die der Genuß
der Beeren nach sich zieht. Der lateinische Name bezieht sich zum
einen auf die griechische Todesgöttin (Atropos (griechisch),
die älteste der drei Parzen, die den Lebensfaden abschnitt),
zum anderen auf die Nutzung des Saftes im Mittelalter zum
Erweitern der Pupillen um schöner zu sein, belladonna
(lateinisch) schöne Frau.
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 Die
Tollkirsche ist eine Staude, das bedeutet, daß die
oberirdischen Organe im Herbst absterben. Im Frühjahr
entwickeln sich aus dem Wurzelstock heraus die stumpfkantigen
Stengel der Pflanze. Sie kann bis zu 2 Meter hoch werden. Wie
man auf den Bildern sehen kann, stehen die Blüten einzeln.
Sie sind glockenförmig mit einem kurzem, 5lappigem Saum.
Gefärbt sind sie außen braunviolett, innen gelbgrün
und violett geadert. Die Blütezeit ist von Juni bis
August. Die Blätter sind eiförmig und können bis
zu 20 Zentimeter lang werden. Die Beeren sind schwarz und
werden sehr ungleichmäßig reif. Es gibt eine gelb
blühende Abart, deren Beeren grünlichgelb sind.
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Was
ist nun giftig an der Tollkirsche? Die ganze Pflanze ist giftig.
Sie enthält in allen Teilen ein Alkaloidgemisch, in
dem besonders Hyoscyamin und Atropin enthalten sind. Nur wenige
Beeren (3-5) können Kinder töten, wenig mehr (etwa 10)
führen zum Tod von Erwachsenen. Die Symptome einer
leichten Vergiftung sind Rötung des Gesichtes, Trockenheit im
Mund, Pupillenerweiterung und Pulsbeschleunigung. Höhere
Dosen lösen psychomotorische Unruhe, Rededrang, Weinkrämpfe,
Bewußtseinstrübungen und Tobsuchtsanfälle aus. Der
Erregungszustand klingt dann ab und weicht einem narkoseähnlichen
Schlafzustand. Durch zunehmende Atemlähmung tritt Zyanose
ein, der der Tod im Koma durch Atemlähmung folgt. Man
sollte auf jeden Fall sofort einen Arzt aufsuchen, wenn ein
Verdacht auf Vergiftung mit Tollkirschen besteht.
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Die Tollkirsche ist aber nicht nur eine giftige Pflanze im
Wald, sie ist (war) auch eine Hexen- und Heilpflanze. In
verschiedenen mittelalterlichen Rausch-, Liebes-, Zauber-, und
Giftgetränken und salben war sie, wahrscheinlich ihrer
halluzinogenen Wirkung wegen mit ein Hauptbestandteil. Die
Wirkung der Trockenheit im Mund wird ausgelöst durch eine
Hemmung von Speichelsekretion, die heute durchaus in
Operationsvorbereitungen genutzt wird. In der Augenmedizin wird
die Weitung der Pupillen, mit der auch eine Starre einhergeht zu
diagnostischen Zwecken verwendet. In der Homöopathie
verwendet man ein Präparat aus der ganzen frischen Pflanze
bei krampfartigen Beschwerden wie zum Beispiel Periodenschmerzen
und Magen- oder Darmkoliken. Auch bei Asthma und bei Gicht wird
sie verwendet.
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Die Photos stammen vom 19.6.2002 (Mendig), die Zeichnungen sind
Ausschnitte einer Tafel aus einer Flora von Prof. Dr. Otto Wilhelm
Thomé, die ich im Internet
gefunden habe.
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